Rülke: Wirtschaftspolitik ist zu einem Appendix des Finanzministeriums verkommen
Stuttgart. Während die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD sowie Finanz- und Wirtschaftsstaatssekretär Ingo Rust (SPD) das Land Baden-Württemberg und seine Unternehmen im Hinblick auf nachhaltige Zukunftsmärkte für gut aufgestellt halten, sehen CDU und FDP die Wirtschafts- und Innovationskraft des Landes durch Grün-Rot geschwächt und gefährdet. Besonders das Fehlen eines eigenständigen Wirtschaftsministeriums mache sich negativ bemerkbar.
Bereits im April 2013 hatte die CDU-Landtagsfraktion bei der Landesregierung einen umfassenden Bericht über die Chancen von Zukunftsmärkten im Land angefordert; die Debatte über den im Oktober vorgelegten Bericht und das Thema fand schließlich erst ein gutes Vierteljahr später auf der Tagesordnung des Parlaments Platz. Der CDU-Abgeordnete Claus Paal lobte die grün-rote Landesregierung zunächst dafür, die in einem Gutachten von 2010 ausgemachten vier Schwerpunktthemen aus dem Bereich der nachhaltigen Zukunftsmärkte – Umwelttechnologie und Ressourceneffizienz; nachhaltige Mobilität; Gesundheit und Pflege; IT-Anwendungen und -Dienstleistungen – in den Koalitionsvertrag aufgenommen zu haben.
CDU: Image des Wirtschaftsstandorts werde weniger attraktiv
„Das war richtig. Aber es war falsch, nichts daraus gemacht zu haben“, sagte Paal. „Ich habe den Eindruck, dass Sie sich auf dem Wohlstand in Baden-Württemberg ausruhen“, kritisierte der CDU-Mann die Regierung. Der Grund sei klar: Durch das Doppelministerium Finanzen und Wirtschaft fehle eine klare Wirtschaftspolitik im Land. Das Image des Wirtschaftsstandorts, so Paal, sei unter Grün-Rot weniger attraktiv geworden. Zudem stehe das Land mit einem drohenden dramatischen Fachkräftemangel und der Investitionszurückhaltung vor zwei zentralen Zukunftsherausforderungen. „Verschlafen Sie die Märkte nicht“, so Paal, „wir brauchen Visionen, Strategien und eine kraftvolle Wirtschaftspolitik.“
Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke übte Kritik an der Landesregierung. Die notwendige Förderung der Innovationsallianz im Land unterbleibe, das Erfolgsmodell der Dualen Hochschule würde nicht weiter ausgebaut und zudem komme in der Schulpolitik die berufliche Bildung unter die Räder. „Die Wirtschaftspolitik ist zu einem Appendix des Finanzministeriums verkommen“, sagte Rülke, „das ist für ein Wirtschaftsland wie Baden-Württemberg eine Katastrophe.“
Rust: Erfolgsindikatoren sind Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit
Dem widersprachen Andrea Lindlohr (Grüne) und Hans-Peter Storz (SPD) massiv. „Diese Bewertung haben die erfolgreichen Unternehmen im Land nicht verdient“ sagte Lindlohr, und Storz warf den Kritikern eigenes Versagen in der Vergangenheit vor: „Wer keine Fachkräfte gewinnen kann, braucht nicht von Zukunftsmärkten zu träumen.“
Für die Landesregierung nutzte Ingo Rust (SPD) die Aussprache, um auf die Wirtschaftsförderungsmaßnahmen des Landes und die Positionierung in den nachhaltigen Zukunftsmärkten hinzuweisen. „Wie misst man Erfolg von Wirtschaftspolitik?“, fragte Rust. „Die Indikatoren sind Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit.“ Und da stehe Baden-Württemberg mit einem Zuwachs von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, einer Arbeitslosigkeit von nur 4,1 Prozent und einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent gut da.
„Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache – wir können zufrieden sein“, so Rust. Auch in Sachen Innovationsfähigkeit sei das Land gut platziert. „Wir haben den Maschinenbau zusätzlich als Zukunftsmarkt in den Koalitionsvertrag aufgenommen, haben für wirtschaftsnahe Forschung zusätzliche Mittel bereitgestellt.“ Auch das Modell der Fachkräfteallianz, sagte Rust, habe im ganzen Land gezündet, mittlerweile gebe es zwölf regionale Fachkräfteallianzen. „Die erzeugen viel Dynamik. Wir sind gemeinsam mit der Wirtschaft auf einem guten Weg.“ Die Bürger im Land, so Rust in Richtung Opposition, seien zufrieden mit der Wirtschaftspolitik von Grün-Rot. „Auch, wenn Sie es nicht sind.“