Regierung will Landesbauordnung sozial und ökologisch novellieren
Stuttgart. Die rot-grüne Landesregierung will die Landesbauordnung (LBO) zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode novellieren. Nach der seit Juni 2013 vorgeschriebenen Rauchmelderpflicht in Häusern und Wohnungen sollen nun weitere Bestimmungen neu gefasst werden.
Das Gesetz sei besonders nach sozialen und ökologischen Kriterien überarbeitet worden, wie dies im Koalitionsvertrag von Grün-Rot vereinbart wurde, sagte Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne) am Donnerstag in der ersten Lesung im Landtag. So ist im öffentlichen Wohnungsbau mehr Barrierefreiheit vorgesehen. Durch mehr und wettergeschützte Fahrrad-Stellplätze soll das „mit Abstand umweltfreundlichste Verkehrsmittel“ gefördert werden.
Außerdem werden künftig Abstellflächen für Gehhilfen wie Rollatoren vorgeschrieben. Holz soll als Baustoff gestärkt werden und häufiger eingesetzt werden, sagte Splett. Auch die Installierung von Solar- und Photovoltaikanlagen als Quellen von regenerativen Energien soll es modifizierte Bestimmungen geben. Zur Begrünung von Fassaden und Dächer enthält die neue LBO ebenfalls Vorschriften.
Brandmelder in Ställen als Beitrag zum Tierschutz
Weitere Bestimmungen betreffen die Installierung von Brandmeldern in Ställen als Beitrag zum Tierschutz, die Einschränkung des Kenntnisgabeverfahrens bei Baugesuchen sowie das kommunale Satzungsrecht, das es Städten und Gemeinden ermöglicht, auch weniger als einen Stellplatz pro Wohnung vorschreiben zu können.
Die Opposition forderte weitere Anhörungen mit Verbänden und Beratungen mit Änderungen der LBO im Landtagsausschuss. Manfred Groh (CDU) ließ die sozialen und ökologischen Argumente zwar gelten, reklamierte aber auch deren Bezahlbarkeit. „Die Wirtschaftlichkeit ist vielleicht der wichtigste Punkt“, argumentierte er. Durch die LBO-Novellierung würden für private Bauherren „zusätzliche Kosten in nicht abschätzbarer Höhe“ entstehen.
Gerade die Barrierefreiheit würde das Bauen erheblich verteuern. Außerdem warf Groh Grün-Rot vor, durch die Vorschrift der Fahrrad-Abstellplätze den motorisierten Individualverkehr im Autoland Baden-Württemberg zu erschweren zu wollen. Die CDU lehne auch das Abrücken von der bisherigen Stellplatzpflicht für Kraftfahrzeuge ab.
FDP vermisst soziale Komponente
Auch Jochen Haußmann (FDP) sprach sich dafür aus, dass Bauen im „Häuslebauerland“ finanzierbar bleiben muss. Angesichts der Diskussionen um bezahlbaren Wohnraum und Altersarmut und der neuen Standards in der LBO (Begrünungs- und Fahrradabstellplatz-Pflicht), durch die dem Land, den Kommunen sowie den privaten Bauherren zusätzliche Kosten entstehen, fragte er in Richtung Regierungsbank: „Wo ist da die soziale Komponente?“ Er forderte, statt solcher „Planwirtschaft“ die Eigenverantwortlichkeit der Bauherren zu stärken. Zudem enthalte der Entwurf „unklare Bestimmungen“.
Haußmann zitierte auch aus einem Schreiben des Baden-Württembergischen Handwerkstags, wonach durch die LBO-Novellierung das Bauen im Südwesten „komplizierter, teurer und regulierter“ werden wird. Süffisant konstatierte der Liberale: Da nütze es auch nicht, wenn der Handwerker künftig auf dem Fahrrad komme.
Grüne verweisen auf energetische Vorteile
Positiv bewerteten dagegen die Redner der Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf. Mit der neuen LBO gelinge der Spagat zwischen Bauen im städtischen und im ländlichen Raum, stellte Wolfgang Raufelder (Grüne) zufrieden fest. Die Kommunen bekämen dadurch mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Durch die Änderungen entstünden auch energetische Vorteile, dies sei demnach wirtschaftlicher als bisher.
Bauen werde bloß dann teurer, wenn man bei den Planungen und beim Neubau „etwas versäumt“, das später nachgerüstet werden müsste, erklärte Klaus Maier (SPD). Die neue LBO ermögliche jedoch „gutes und qualitätsvolles Bauen“. Aus Sicht kommunalpolitisch erfahrenen SPD-Abgeordneten werden mit der Novellierung „viele Lücken“ im Baurecht geschlossen und deshalb ein großer Fortschritt. Außerdem seien die Bestimmungen angemessen – nicht zuletzt deshalb, weil 160 Verbände angehört worden seien. Vorteile sieht Maier darin, dass mehr Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen werden, zum Beispiel beim Grenzabstand und bei der Grenzbebauung