Regierung will Initiativen zur Nachhaltigkeit vernetzen
Stuttgart. Der Innovationsindex des Statistischen Landesamtes hat es erst vor Kurzem bestätigt: Baden-Württemberg ist die Region mit dem höchsten Innovationspotenzial in der Europäischen Union. Aber wie geht das Land mit dem Thema Nachhaltigkeit um? Wie steht Baden-Württemberg als Standort von Wissenschaft und Forschung für Nachhaltigkeit da? Darum ging es in einem Antrag der Grünen-Fraktion im Landtag, der am Mittwoch diskutiert wurde, und zu dem Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) Stellung nahm.
Eine nachhaltige Entwicklung betreffe alle Disziplinen, von der Mathematik über den Maschinenbau, die Sozialforschung bis zur Städteplanung, sagte Kai Schmidt-Eisenlohr (Grüne) in der Begründung. Er sehe es als Aufgabe der Hochschulen an, „eine aktive Auseinandersetzung mit den Grundlagen zukunftsfähigen Handelns anzuregen“. Nach seiner Einschätzung befinde sich das Land beispielsweise mit der im April 2012 einberufenen Expertengruppe „Wissenschaft für Nachhaltigkeit“ auf einem guten Weg. Es sei aber wichtig, weiterzumachen und das Thema an den Hochschulen fest zu verankern.
Nachhaltigkeit beginne zunächst bei einer soliden Haushaltsführung, gab Dietrich Birk (CDU) zu bedenken. Der derzeitige Haushaltsentwurf, der trotz zusätzlicher Steuereinnahmen von 3,3 Milliarden Euro noch 3,3 Milliarden Euro an neuen Schulden vorsehe, stehe nicht für Nachhaltigkeit, sondern belaste zukünftige Generationen. „Das ist keine Politik der Nachhaltigkeit für Baden-Württemberg wie wir sie wünschen.“
Birk forderte einen Schwerpunkt für Nachhaltigkeit in der Produktionstechnologie. Die Wissenschaftsministerin bliebe das jedoch schuldig. „Denn im derzeitigen und im künftigen Haushalt ist dafür nur ungenügend Vorsorge getroffen.“ Es nütze nichts, einzelne Leuchtturmprojekte aufzuzeigen. Um Zukunftsfragen des Landes im Sinne der Nachhaltigkeit zu lösen, brauche es Anreize für Hochschulen, Wissenschaft und Unternehmen.
Die Regierung habe bei Forschung, Innovation und Nachhaltigkeit vor allem bei der Energiewirtschaft bereits stark zugelegt, entgegnete Johannes Stober (SPD). Als Beispiel nannte er unter anderem die Verlängerung und Erweiterung der Initiative E-Mobilität oder die Windkraftanlage am ICT in Pfinztal, wo das Land die Entwicklung einer Redox-Flow-Batterie mit 8,5 Millionen Euro fördere. Die Regierung habe das Thema „Nachhaltige Wissenschaft“ nicht nur in den Koalitionsvertrag geschrieben, sondern gehe es auch aktiv an, etwa mit der Expertengruppe „Wissenschaft für Nachhaltigkeit“, für die acht Millionen Euro zur Verfügung stünden.
Schade findet Timm Kern von der FDP-Fraktion, dass es in dem Antrag der Grünen nicht um die fehlende Nachhaltigkeit von Politik gehe. „Ob die Abschaffung der Studiengebühren wirkliche ein Beitrag für eine nachhaltige Hochschulfinanzierungsstrategie ist, darf zumindest bezweifelt werden“, sagt er. Die FDP hält außerdem Vieles, was sich Grün-Rot nun auf die Fahnen schreibe, für ein Verdienst der Vorgängerregierung. Kern führte etwa die Initiative zur Elektromobilität oder die Gründung des Karlsruher Instituts für Technologie an.
In der Tat könne die Regierung aus dem Vollen schöpfen, was Forschungsprojekte, innovative Wege oder interdisziplinäre Herangehensweisen bei der Lehre angehe, räumte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) ein. „Was aber gefehlt hat, war die Bereitschaft der alten Landesregierung, diese vielen Einzelinitiativen in eine Gesamtstrategie zusammenzuführen, sie zu vernetzen, Synergien zu schaffen und sie durch die Gemeinsamkeit zu stärken“, entgegnete sie der Opposition.
Dieses Verfahren habe Grün-Rot nun in Gang gesetzt. Es gehe nun auch um einen Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Anwendung. „Wir brauchen einen verstärkten Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und der gesamten Gesellschaft.“ Ein Beispiel, wie die Bindung zwischen Forschung und Wissenschaft gestärkt werden könne, sei das Cluster „Elektromobilität Süd-West – road to global market“, das sich für die Weiterentwicklung der Elektromobilität einsetze.