Parteiübergreifender Einsatz für den Ausbau der Neckars
Stuttgart. Die Parteien in Baden-Württemberg wollen den Neckar für größere Lastkähne schiffbar machen. Die Bundeswasserstraße Neckar und die betreffenden Schleusen sollen nicht nur saniert sondern ausgebaut werden, wie es Land und Bund 2007 vereinbart hatten. Diese Vereinbarung droht zu kippen. Der Bund will Kosten sparen und die Wasserstraße lediglich sanieren. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kündigte an diesem Donnerstag an, weiterhin für den Ausbau zu kämpfen und hat dabei den Rückhalt aller Landtagsfraktionen.
Im November 2007 hatten sich Bund und Land auf die Schleusenverlängerung von Mannheim bis Plochingen geeinigt – allerdings ohne Rechtsanspruch des Landes auf Planung und Umsetzung der Maßnahmen. Und so ist Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vor Monaten von der Vereinbarung abgewichen, die laut Minister Hermann ein Kostenvolumen von rund einer Milliarde Euro umfasst.
Der Ausbau der Neckarschleusen hätte große wirtschaftliche Vorteile, sind sich die Politiker einig. Für die Einzugsbereiche der Häfen Plochingen und Stuttgart wurde vom Verkehrsministerium ein Steigerungspotenzial der Binnenschiffsverkehre von über 500 Prozent errechnet. Anders als beim Güterverkehr auf der Straße seien die Kapazitäten dort deutlich größer als die aktuelle Nutzung. Ziel der Koalition sei daher ein Wachstum der Binnenschifffahrt, mit der Absicht den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und das Wasser zu verlagern.
Doch dieses Ziel droht man zu verfehlen. Nun befürchtet das Land, die Wasserstraße werde aus Kostengründen lediglich saniert. Um Ramsauer von der Notwendigkeit des Ausbaus zu überzeugen, habe man Sparvorschläge vorgestellt und oft nach Berlin geschrieben. Doch bisher sei keine verbindliche Antwort aus dem Verkehrsministerium eingetroffen. Die Parlamentarier rätselten nun über eine kürzlich vorgelegte Konzeption aus dem Bundesministerium, das zwischen kombinierter Sanierung mit Ausbau und lediglich einer Bestandserhaltung unterscheidet. Die CDU deutete das Schreiben so, dass der Neckar voll ausgebaut werde.
Dagegen zeigte sich Hermann vorsichtiger: „Der Ausbau des Neckar ist noch nicht in trockenen Tüchern. Es riecht danach, dass der Neckar lediglich bis Heilbronn ausgebaut wird.“ Wird der Fluss bloß saniert und nicht ausgebaut, wirke sich dies negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung Baden-Württembergs aus, so die Parlamentarier.
Dabei würden die Bedeutung und der Umfang des Güterverkehrs in den nächsten Jahren deutlich zunehmen, sagte Sascha Binder (SPD). Alle Parteien waren sich einig, dass die Binnenschifffahrt kostengünstig und umweltfreundlich sei und ein enormes Wachstumspotential habe. Wenn die Schleusen bis Plochingen ausgebaut und der Neckar für Schiffe bis zu 135 Meter schiffbar gemacht würde, würde allein Stuttgart eine Zuwachsrate beim Güterverkehr von 120 Prozent erzielen. Denn dann müssten die Ladungen nicht umständlich in Mannheim umgeladen werden, was Zeit und Geld koste. Ohne die Verlängerung wäre langfristig zu befürchten, dass das Güteraufkommen auf Binnenschiffen von und zu den Häfen in Stuttgart und Plochingen und damit zugleich die Güterumschläge in diesen Häfen zurückgehen könnten. Damit würden beide Häfen vom Einsatz moderner Güterschiffe ausgeschlossen werden, mit unabsehbaren ökonomischen und ökologischen Folgen für diese Häfen und die gesamte Region Stuttgart.
Wolfgang Raufelder von den Grünen sagte, wie wichtig eine so genannte trimodale Gesamtkonzeption sei, die Straßen-, Schienen- und Binnenschifffahrtsverkehr vor Ort verbinde. So könne man erreichen, dass die Zunahme des Güterverkehrs nicht nur auf den Straßen lande. Verantwortliche der Hafengesellschaft von Rotterdam hätten signalisiert, welches Potential der Ausbau der Bundeswasserstraße Neckar auf dem Weg nach Genua hätte – auch für die Häfen vor Ort.
Jochen Haußmann (FDP) äußerte, dass eine bessere Vernetzung der Wirtschaftsstandorte rund um den Neckar notwendig sei. Eine Sanierung ohne Ausbau sei nicht im Sinne der Parteien und entspräche nicht der Abmachung von 2007. Die FDP regte an, beim möglichen Ausbau der Schleusen auch auf Fischtreppen, Denkmalschutz und touristische Belange Rücksicht zu nehmen.
Über diese Vorschläge und Pläne zur Energiegewinnung an Schleusen durch Wasserkraft konnte Hermann noch keine Aussagen tätigen. Für den Ausbau kämpfen werde er weiterhin. Dabei wünscht er sich auch ein entsprechendes Einwirken der Südwest-CDU und -FDP auf die Koalition in Berlin.