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Organspende-Ausweis: Sozialminister Lucha wirbt erneut für Widerspruchslösung
STUTTGART. Normalerweise liegen im persönlichen Fach der Abgeordneten Abstimmungskarten – am Mittwoch waren es Organspende-Ausweise. „Ich habe mir erlaubt“, so der CDU-Abgeordnete und Notfall-Mediziner Michael Preusch, „den hineinzulegen, nicht nur, damit Sie sich selbst zur Spenderin ober zum Spender erklären können, sondern auch als Erinnerung, damit Sie sich mit diesem wichtigen Thema und vor allem mit den Menschen, die dringend auf eine Organspende angewiesen sind, beschäftigen.“
Norbert Knopf (Grüne) unterfütterte die Aktion mit Zahlen: „In Deutschland warten rund 8500 Menschen auf ein lebenswichtiges Organ, jeden Tag kommen etwa 14 Menschen dazu.“ 82 Prozent der Bundesbürger stünden einer Organspende positiv gegenüber, aber nur 39 Prozent besäßen einen entsprechenden Ausweis, „und täglich sterben zwei bis drei Menschen, die auf den langen Wartelisten stehen“.
Register sollte schon 2021 starten
Grundlage der Debatte war ein CDU-Antrag zum Stand des geplanten Organspende-Online-Registers. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) erinnerte, dass es eigentlich im März 2021 starten sollte, dass aber Komplikationen aufgetreten sind, insbesondere in Sachen Informationstechnik und Datenschutz. Inzwischen gehe der Bund davon aus, dass es voraussichtlich im ersten Quartal 2024 starten wird.
Erst kürzlich habe die Landesärztekammer eine Initiative „mit sehr großem Potenzial“ gestartet. Ein Transplantationsbeauftragter biete über eine Plattform den Austausch sowohl online als auch in Präsenz an. Lucha befürwortete ausdrücklich, wie Bundesminister Lauterbach noch einmal die Widerspruchslösung aktiv in den Raum stelle: „Meine Position kennen Sie, wir müssen noch einmal ganz, ganz deutlich für die Widerspruchlösung werben.“ Auch Preusch und Knopf plädierten für die Widerspruchslösung, die, so der Grüne, „in Schweden, Kroatien, Spanien zu einer Verdreifachung der Zahl der Spenderorgane geführt hat“, weil die Spende eben außer bei Widerspruch der Normalfall sei.
Für die AfD-Fraktion verteidigte Carola Wolle dagegen „vehement die Entscheidungslösung“, kritisierte „das mediale Dauerfeuer für die Widerspruchslösung“ und unterstellte einen „perfiden Plan zur brachialen Durchsetzung“.
Einwilligung des Spenders ist aktuell unabdingbar
Die Gesetze in Deutschland sähen vor, erläuterte dagegen Florian Wahl (SPD), dass die Einwilligung des Spenders oder die Zustimmung der Angehörigen für eine Organentnahme unabdingbar ist: „Viele medizinisch mögliche Organspenden finden deshalb nicht statt.“ Wer über Organspende rede, so der Böblinger Abgeordnete, rede über Menschen, über etwa tausend Wartende in Baden Württemberg, „das ist jahrelanges Leid, das ist jahrelange Angst, ob es doch eintritt, und oftmals kommt die Spende doch zu spät“.
Die FDP-Fraktion begrüßte das Online-Register als „wichtigen Schritt, um es den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, ihre Entscheidung zur Organspende einfach und sicher zu hinterlegen und zu ändern“, so ihr gesundheitspolitischer Sprecher Jochen Haußmann. Es helfe überdies dabei, das Thema Organspende ins Bewusstsein der Menschen zu rufen: „Je mehr ihre Bereitschaft zur Organspende erklären, umso höher steigen die Chancen einer Transplantation.“ Und er bedankte sich bei Preusch für dessen Aktion. „Ich selbst habe schon seit einigen Jahrzehnten einen Spende-Ausweis“, bekannte Haußmann, „der ist immer im Geldbeutel.“
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer