Debatten im Landtag vom 29. und 30. Januar 2014

Opposition sieht berufliche Gymnasien in Gefahr

Stuttgart. Erneut debattiert der Landtag kontrovers über die Bildungspolitik: Durch den Ausbau der Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe sehen Oppositionsfraktionen aus CDU und FDP im Landtag die Zukunft der beruflichen Gymnasien im Land gefährdet. Dies geht aus einer entsprechenden Anfrage der CDU an das Kultusministerium zum Ausbau der Oberstufen in Gemeinschaftsschulen hervor. Georg Wacker (CDU) und […]

Stuttgart. Erneut debattiert der Landtag kontrovers über die Bildungspolitik: Durch den Ausbau der Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe sehen Oppositionsfraktionen aus CDU und FDP im Landtag die Zukunft der beruflichen Gymnasien im Land gefährdet. Dies geht aus einer entsprechenden Anfrage der CDU an das Kultusministerium zum Ausbau der Oberstufen in Gemeinschaftsschulen hervor.
Georg Wacker (CDU) und Timm Kern (FDP) stellten in Frage, ob die bewährten Beruflichen Gymnasien durch diese Konkurrenz mittelfristig überlebensfähig seien. Dagegen betonten Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sowie die Abgeordneten Christoph Bayer (SPD) und Siegfried Lehmann (Grüne) die Bedeutung der Beruflichen Gymnasien im baden-württembergischen Bildungssystem und warfen der Opposition vor, die Schularten gegeneinander in Stellung zu bringen. Derzeit sei noch keine einzige gymnasiale Oberstufe an einer Gemeinschaftsschule genehmigt.  
Die Landesregierung steuere auf eine „Kannibalisierung der Beruflichen Gymnasien“, warf dagegen Wacker dem Kultusminister vor, falls benachbarte Gemeinschaftsschulen künftig ebenfalls eine gymnasiale Oberstufe anbieten und damit eine Konkurrenz zu den flächendeckend ausgebauten Beruflichen Gymnasien im Land darstellen könnten. Wacker forderte, von der Installierung eines zusätzlichen Angebots Abstand zu nehmen und statt dessen die Beruflichen Gymnasien – als die bewährten Schulen des sozialen Aufstiegs – zu stärken.  

FDP: Gemeinschaftsschule "strukturelle Hauptrivalin"

Auch Timm Kern (FDP) wollte von der Landesregierung wissen, was sie sich eigentlich dabei gedacht habe, durch die Einführung der Gemeinschaftsschulen „die Axt an die beruflichen Schulen anzulegen“. Die Gemeinschaftsschule werde die strukturelle Hauptrivalin der beruflichen Schulen sein, vermutet Kern. Dabei sei die gymnasiale Gemeinschaftsschuloberstufe völlig überflüssig, denn es gebe bereits das allgemeinbildende Gymnasium, die beruflichen Gymnasien, die Berufsoberschlen und Berufskollges und auch noch an 44 Standorten im Land einen neunjährigen Gymnasialzug. Wenn auch die Gemeinschaftsschulen mit einer gymnasialen Oberstufe ausgestattet würden, könne von einem fairen Wettbewerb unter den schulischen Angeboten keine Rede mehr sein.  
Dagegen vermutete Siegfried Lehmann (Grüne) in der Kritik „eine der letzten Schlachten, die CDU und FDP noch gegen die Gemeinschaftsschulen führen“ würden und bezeichnete sie als „letzten hilflosen Versuch, nachdem die Angstkampagne gegen die Gemeinschaftsschule in der Fläche verpufft sei“. Eltern dürfe nicht das Recht vorenthalten werden, ihr Kind für die Oberstufe in eine Gemeinschaftsschule zu schicken.
Im Übrigen gelte auch für eine Oberstufe an Gemeinschaftsschulen künftig die Mindestzahl von 60 Schülern, was ein hartes Kriterium sei.  „Nicht jede Gemeinschaftsschule wird dieses Kriterium erfüllen“, sagte er. In der Regel würden dreizügige Gemeinschaftsschulen diese Voraussetzung wohl nicht erreichen können. „Wir werden die Entwicklung abwarten und dann im Rahmen der regionalen Schulentwicklung entscheiden, wo diese Oberstufen eingerichtet werden“, sagte Lehmann.  

„Es wird von mal zu mal schwieriger, auf eine sachliche Ebene zu kommen“

Der Grünen-Abgeordnete Christoph Bayer verwies darauf, dass es im Moment weder eine Genehmigung für eine solche Oberstufe gebe noch seriöse Daten für vernünftige Prognosen. „Damit könnte man die Debatte eigentlich beenden“, sagte er, wenn sie nicht Bestandteil eines politischen Szenarios wäre, dass am ehesten als „Kreuzzug gegen die Gemeinschaftsschule“ bezeichnet werden könnte.  
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) zeigte sich wenig begeistert davon, innerhalb von zwei Plenartagen zum insgesamt siebten Mal zu schulpolitischen Themen und seinem Bildungskonzept am Pult zu stehen. „Es wird von mal zu mal schwieriger, hier auf eine sachliche Ebene zu kommen“, sagte Stoch, der der Opposition erneut vorwarf, die Schularten gegeneinander in Stellung zu bringen, mit dem Glaubenskrieg gegen die Gemeinschaftschule Schimären zu verfolgen und die Menschen im Land zu verunsichern.
Stoch unterstrich zudem die Bedeutung der Beruflichen Gymnasien. „Sie werden auch künftig eine wichtige Option auch für Schüler der Gemeinschaftsschulen nach der Sekundarstufe I sein“, sagte Stoch, unabhängig davon, ob es gymnasiale Oberstufen an Gemeinschaftsschulen in der Zukunft gebe. Die Opposition forderte er dazu auf, nicht nur „Schularten zu entwickeln, sondern Angebote für Kinder.“

Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein

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29. und 30. Januar 2014