Neues Nachbarschaftsgesetz erleichtert Klimaschutzmaßnahmen
Stuttgart. Zur nachträglichen energetischen Sanierung von Altbauten dürfen Grundstücksgrenzen in Baden-Württemberg künftig um bis zu 25 Zentimeter überbaut werden. Diese Änderung des Nachbarrechtsgesetzes hat der Landtag mit den Stimmen aller Fraktion beschlossen. Zudem wurde die nachträgliche nachbarliche Einspruchsfrist gegen die Pflanzung höher wachsender Bäume von fünf auf zehn Jahre erhöht.
„Ein Gesetz, auf das die Praxis wartet“, nannte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) die Novellierung des Nachbarrechtsgesetzes, die nach zweiter Lesung im Landtag einstimmig von allen Fraktionen beschlossen wurde. Auch Städte- und Gemeindetag hätte eine Neuregelung und die Schaffung von Rechtssicherheit begrüßt. „Ich denke, wir haben damit einen guten Ausgleich zwischen den Interessen geschaffen“, so Stickelberger. Klare Regelungen für den zulässigen Überbau im Zuge einer energetischen Sanierung seien vor allem in den verwinkelten engen Gassen und Straßen historischer Städte und Gemeinden wichtig.
Auch bei der Verschattung von Grundstücken durch hoch wachsende Bäume und damit eine mögliche Beeinträchtigung von Photovoltaik-Anlagen auf benachbarten Grundstücken gibt es eine Änderung: Nachbarn können rückwirkend künftig zehn statt bisher fünf Jahre Einspruch gegen die Pflanzung hoch wachsender Bäume geltend machen.
Kaum Kritik und viel Lob
Kaum Kritik und viel Lob gab es von allen Fraktionen für die Gesetzesänderung. Stefan Scheffold (CDU) nannte sie „zwar keinen großen Wurf, aber die CDU unterstützt Klimaschutzmaßnahmen, und die kommen damit ein Stück voran“, so Scheffold. Die Beeinträchtigung der Nachbarn durch die neue Überbauungsregelung sei begrenzt und mit bis zu 25 Zentimetern zumutbar.
Der Grünen-Abgeordnete Jürgen Filius äußerte die Hoffnung, das Gesetz werde künftig Nachbarschaftsklagen vermeiden und nannte es ausgewogen. Zudem zeigte sich Filius erfreut darüber, dass im Zuge der Anhörung auf dem Beteiligungsportal des Landes qualitativ hochwertige Beiträge eingegangen seien.
Goll: Gesetz kommt uns vernünftig vor
Der neue SPD-Abgeordnete für den Kreis Waldshut, Nachrücker Hidir Gürakar, gab in seiner ersten Landtagsrede ebenfalls der Hoffnung Ausdruck, das neue Gesetz möge die Luft aus drohenden Nachbarschaftsstreitigkeiten nehmen und die Hürden für die energetische Sanierung von Altbauten senken. „Wir brauchen diese Änderungen, damit Altbauten nicht zu einem teuren energiefressenden Domizil werden“, sagte Gürakar. „Der Umgang mit dem Klimawandel ist eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Zukunftsaufgabe für uns.“
Für die Liberalen kommentierte Ulrich Goll das Gesetz mit einem ebenso prägnanten wie inhaltlich eindeutigen Ein-Satz-Debattenbeitrag: „Das Gesetz kommt uns vernünftig vor und wir werden es in der zweiten Lesung unterstützen.“