Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Neuer Rundfunkstaatsvertrag soll Reformen weiter vorantreiben
STUTTGART. Verbunden mit einem Plädoyer für Qualitätsjournalismus als „Grundlage zivilisierten Streits“ und „Lebenselixier der Demokratie“ hat Medienstaatssekretär Rudi Hoogvliet (Grüne) das Gesetz zur Verankerung des neuen Rundfunkstaatsvertrags in den Landtag eingebracht.
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk werde unter anderem ermöglicht, mit den geänderten Nutzergewohnheiten Schritt zu halten, denn „immer weniger Menschen schauen lineares Fernsehen“. Deshalb werde den Anstalten die Möglichkeit eröffnet, Spartenkanäle flexibel anzubieten und die Mediatheken zu stärken. Künftig könne schneller entschieden werden, erklärte für die Grünen-Fraktion auch Catherine Kern, „ob ein Format ins lineare Fernsehen oder ins Internet gehört“. Für die AfD-Fraktion nutzte Rainer Podeswa die Gelegenheit zur Grundsatzkritik: „Ein mit über zehn Milliarden Euro Jahresbudget ausgestatteter zwangsfinanzierter Rundfunk, der sich in unnachahmlicher Arroganz offensichtlich das betreute Denken aller Bürger als Unternehmensziel gesetzt hat, wird von den Zwangsgebührenzahlern nicht mehr akzeptiert.“
Seit 2016 war verhandelt worden, im Herbst 2022 haben die Ministerpräsidenten den Staatsvertrag unterzeichnet. Auch Hoogvliet sieht Handlungsbedarf darüber hinaus angesichts der „skandalösen Vorgänge bei RBB“. Guido Wolf (CDU) erinnerte ebenfalls an den „enormen Reformbedarf“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der neue Zukunftsrat sei ein wichtiger Impuls, denn das Vertrauen der Bevölkerung sei „maximal“ beschädigt. „Ich sehe uns in einer Schicksalsgemeinschaft“, so Wolf, „dieses Vertrauen wieder zurückzugewinnen.“ Dazu brauche es Mut, aber auch Einsparwillen. Der frühere Landtagspräsident beschrieb die neue Flexibilität in der Nutzung als Herausforderung. Deshalb sei zum Beispiel der Verbleib von Angeboten in Mediatheken ausgeweitet worden, denn ARD und ZDF seien auf diesem Gebiet „keine kleinen Player mehr“.
Rundfunk-Reform soll Vertrauen zurückgewinnen und Mehrwert bieten
Für die FDP-Fraktion beschrieb auch Nico Weinmann die große Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Demokratie. Dafür brauche es eine seriöse, faktenbasierte, unabhängige, aber auch glaubwürdige Berichterstattung. Der Bildungs- und Informationsauftrag des ÖRR müsse gegenüber allen Generationen wahrgenommen werden. „Dies erfordert ein intermediäres Angebot, so beispielsweise auch im Internet, insbesondere für die jüngeren Generationen“, so der medienpolitische Sprecher. Zugleich dürften die beitragsfinanzierten Sender allerdings nicht in wettbewerbswidriger Konkurrenz zu privaten Anbietern treten.
Hoogvliet sieht im Auftrag zum Qualitätsjournalismus gerade auch die Privaten eingeschlossen, denn die Trennlinie bestünden nicht zwischen den beiden System, sondern zwischen Fake News und seriöser Berichterstattung. Die Bevölkerung müsse dennoch sehen, „dass und wie sich die Angebote von solchen der privaten Konkurrenz unterscheiden und einen Mehrwert ausmachen können“.
Es gebe Kräfte in diesem Land, beklagte Jonas Weber (SPD), „die aus wirtschaftlichen und politischen Überlegungen, immer wieder Attacken fahre, es gibt tätliche Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in unserem Land, auf unsere Pressefreiheit“. Ein solches Vorgehen sei durch keine Kritik gerechtfertigt. Gleichwohl müsse die Reform weiter vorangetrieben werden, mit der Schärfung des öffentlich-rechtlichen Auftrags, der Stärkung der Aufsichtsgremien und einer modernen Digitalstrategie.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer