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Debatten im Landtag vom 26. Januar 2022

Nach Gerichtsurteil: Landesregierung passt Corona-Verordnung an

Am Freitag, 28. Januar, gilt eine neue Corona-Verordnung im Land. Grund sind Urteile des Verwaltungsgerichtshofs.  Die neuen Regeln sehen nach Kretschmanns Worten eine Rückkehr zur Alarmstufe I vor, die allerdings für Clubs und Diskotheken verschärft wird, weil diese geschlossen bleiben. Die Redner der Opposition warnten vor "Schaufenster- und Symbolpolitik"

Winfried Kretschmann informiert über die neuen Corona-Regeln in Baden-Württemberg.

dpa | Christoph Schmidt)

STUTTGART. Nach den Urteilen des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim zum Studienbetrieb und den Regelungen im Einzelhandel passt die Landesregierung ihre Corona-Verordnung mit Gültigkeit ab Freitag an. In seiner Regierungsinformation im Landtag legte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Wert auf die Feststellung, dass der VGH der Koalition zuvorgekommen sei, weil ohnehin geplant war, das Einfrieren der Alarmstufe II Ende Januar zu beenden.

Kretschmann erklärte auch noch einmal den Hintergrund des Vorgehens, für das es zwei Gründe gegeben habe: „Erstens, weil wir damals noch sehr wenig über Omikron wussten, umso mehr als die Infektionszahlen nach Weihnachten und Neujahr noch mit großer Unsicherheit behaftet waren, und zweitens, weil wir mit Blick auf unsere europäischen Nachbarn ja wussten, dass es wieder zu einem rasanten Anstieg der Infektionen kommen würde.“

Rülke verlangt Vorbereitung einer Exit-Strategie

Die Redner der Opposition warnten vor „Schaufenster- und Symbolpolitik“, so FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Es sei verheerend, wenn Maßnahmen von Gerichten aufgehoben werden, erklärte sein SPD-Kollege Andreas Stoch, denn die Lage sei ohnehin kompliziert, „weil Impfgegner mobilmachen, weil das Misstrauen gegenüber staatlichen Maßnahmen steigt“. Die Landesregierung müsse Maßnahmen gut und richtig begründen, statt Regeln einzuführen und sie dann plötzlich für ungültig erklären. „Sie bekommen das von den Verwaltungsgerichten um die Ohren gehauen, weil sie hemdsärmelig Politik machen, und das kommt bei den Menschen verheerend an“, so Rülke. Da brauche sich Kretschmann nicht zu wundern, „wenn die Menschen auf die Straße gehen“. Und der Liberale verlangte die Vorbereitung einer Exit-Strategie: „Wie stellen Sie sich vor, dass es weiter geht, wenn diese Pandemie, so Gott will, demnächst endet?“

Die neuen Regeln sehen nach Kretschmanns Worten eine Rückkehr zur Alarmstufe I vor, die allerdings für Clubs und Diskotheken verschärft wird, weil die geschlossen bleiben. „Wir gehen an dieser Stelle auf Nummer Sicher, da Omikron deutlich ansteckender ist als die Delta-Variante und die Ansteckungsgefahr per se sehr hoch ist“, so Kretschmann. Auch Messen werden untersagt. Für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen gilt eine Obergrenze von 1500 Teilnehmern und die 2G-Regel. Veranstalter können sich aber auch für die strengere 2G+ Regel entscheiden und dafür 3000 Personen zulassen. Bei Veranstaltungen im Freien wird eine Beschränkung auf 3000 Personen bei 2G und 6000 Personen bei 2Gplus gelten, davon dürfen jeweils zehn Prozent Stehplätze sein. Generell darf nur die Hälfte der jeweiligen Kapazitäten ausgeschöpft werden. Wie angekündigt gilt – ab Freitag – FFP2-Maskenpflicht im ÖPNV, im Einzelhandel dagegen 3G ohnehin bereits.

Für private Treffen bleibt es bei der Beschränkung auf zehn Personen, auch für Geboosterte. „Überschreitet die Hospitalisierung die Zahl von 6 und werden 450 oder mehr Covid- Patienten auf den Intensiv-Stationen behandelt – diese Verknüpfung ist neu –, tritt die Alarmstufe II in Kraft, denn wir wollen die Maßnahmen nur dann wieder deutlich verschärfen, wenn wieder kritische Situationen auf den Intensivstationen drohen“, so Kretschmann. Dann allerdings werde zu den schärferen Maßnahmen zurückgekehrt.

„Viele Menschen haben die Schnauze voll“

CDU-Fraktionschef Manuel Hagel warnte vor „einfachen Lösungen“ in der Pandemiebekämpfung und vor Abkürzungen, die in die Irre führten. Viele Menschen seien erschöpft „und haben die Schnauze voll“. Seine Fraktion nehme diese Müdigkeit ernst, bitte die Menschen zugleich aber, sich nicht gemein zu machen mit radikalen Kräften auf der Straße: „Wir wollen auf das Wir setzen.“ Dass die Rechtsprechung Änderungen angemahnt habe, sei für einige vielleicht auch Grund für Häme, „aber es ist doch gerade eine Stärke unserer Demokratie, dass dieses Urteil gesprochen worden ist“. Er habe keinen Boris Johnson erwartet, so AfD-Fraktionschef Bernd Gögel in Anspielung auf Lockerungen in Großbritannien, „etwas mehr Mut hätten wir uns aber schon erwartet“. Denn: „Ein sofortiger Exit ist das Mittel der Wahl.“ Zu den wirklich wichtigen Punkten gebe es nur Rhetorik anstelle konkreter Änderungsschritte.

Für die Grünen ging Fraktionschef Andreas Schwarz mit der AfD hart ins Gericht, der es nur um „Hetze, Hetze und nochmals Hetze“ gehe. Das Handeln der Fraktion sei in dieser Pandemie „zynisch, unverantwortlich und menschenverachtend, denn Sie pervertieren die Idee der Freiheit, weil in unserer Werteordnung immer auch die Freiheit der anderen gemeint ist“. Alle anderen seinen partei- und fraktionsübergreifend der Einsicht, dass es sich bei Corona um ein gefährliches Virus handele und Maßnahmen ergriffen werden müssten, um Ansteckungen zu vermeiden und das Gesundheitssystem zu schützen. Nur die AfD verweigere sich jeder seriösen Debatte und nutze „die Ängste der Menschen für vermeintliche Geländegewinne“.

Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer

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26. Januar 2022