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Laut Grünen-Fraktion: Immer mehr Baden-Württemberger besitzen Waffen
STUTTGART. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht den Bund in der Pflicht, neue Möglichkeiten zur Entwaffnung von Extremisten, Selbstverwaltern oder Reichsbürger zu schaffen. Es sei ein „Armutszeugnis, dass die Streitampel in Berlin in dieser Frage nichts, aber auch gar nichts zu Stande bringt“. Im Gegenteil habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gerade einen Vorschlag aus Baden-Württemberg abgelehnt. Sascha Binder, der Fraktionsvize der SPD-Landtagsfraktion, warf Strobl dagegen vor, nichts gegen die Vollzugsdefizite im Land zu unternehmen.
Die Waffenbehörden seien personell derart schlecht ausgestattet, dass für die Kontrolle nur 0,2 Vollzeitäquivalente zur Verfügung stehen. Da müsse sich die Frage stellen, „ob der Vollzug wirklich mit allem Nachdruck vorangetrieben wird“.
Trend zur Selbstbewaffnung
Oliver Hildenbrand, Innenexperte der Grünen, präsentierte Zahlen, wonach in Baden-Württemberg 115.000 Personen mehr als 670.000 registrierte Waffen besitzen. „Ich finde diese Zahl beunruhigend groß“, so der Stuttgarter Abgeordnete, „das sind schlicht und einfach zu viele Waffen in Baden-Württemberg.“ Und leider gebe es auch im Land „einen beunruhigenden Trend zur Selbstbewaffnung“. Zum Ende des vergangenen Jahres seien erstmals mehr als 100.000 Kleine Waffenscheine im Land registriert gewesen, was einem Anstieg um 140 Prozent seit 2015 entspreche. Dieser Entwicklung dürfe nicht länger tatenlos zugesehen werden.
Wie Hildenbrand verlangte auch Christian Gehring (CDU) die konsequente Entwaffnung von Rechtsbürgern, Selbstverwaltern und Extremisten. Denn: „Waffen in den falschen Händen sind eine Gefahr für uns alle.“ Strobl betonte, bereits seit 2017 sei dies ein Schwerpunkt für sein Ministerium. 261 waffenrechtliche Erlaubnisse seien zurückgenommen und 521 Waffen erfasst worden. „Über 500 Waffen weniger in den Händen von Reichsbürgern, Selbstverwaltern und Extremisten“ – das sei ein Erfolg der Behörden im Land.
Kontrolle aller Waffenbesitzer würde 19 Jahren dauern
Nico Weinmann (FDP) beklagte, wie mit einer steigenden Anzahl im Umlauf befindlicher Waffen „leider auch die Hemmschwelle sinkt, eine Waffe einzusetzen“. Wahr sei aber auch, dass bundesweit im Jahr 2022 über fünf Millionen Straftaten begangen wurden, etwa 0,16 Prozent davon mit Schusswaffen verübt, „und lediglich 0,00008 % dieser Straftaten unter Verwendung von Legalwaffen“. Kontrollen und noch schärfere Gesetze könnten aber nur dort helfen, wo der Staat vom Waffenbesitz weiß: „Wollte man alle Waffenbesitzer im Land nur einmal kontrollieren, so würde dies angesichts der vorhandenen Personaldichte in den unteren Waffenbehörden ganze 19 Jahre dauern.“ Auf diese Weise werde deutlich, so auch Weinmann, dass es kein Gesetzes-, sondern ein Vollzugsdefizit gibt.
„Je weniger Prozente die Grünen bekommen, desto besser leben alle friedliebenden gesetzestreuen Waffenbesitzer“, erklärte Hans-Jürgen Goßner (AfD). Er warf der größeren Regierungsfraktion „Verfolgungswahn“ vor. Sie wolle gängeln und verbieten, dabei habe sich die Zahl der Waffenscheine doch halbiert. Und er empfahl der Koalition, sich mit dem selbem Eifer um Abschiebungen zu kümmern. Auf diese Weise würde viel mehr getan für die Sicherheit im Land.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer