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Landwirtschaft versus Energiewende: Der Streit um die Flächen
Stuttgart. Für die Grünen im Land ist zukunftsfähige Landnutzung ein zentrales Thema. Dies wurde in der von ihnen beantragten Debatte darüber im Landtag deutlich. Martin Hahn (Grüne) machte darauf aufmerksam, dass die Landnutzung in Baden-Württemberg hart umkämpft sei. Viele Ansprüche an das Land seien vorhanden. Kommunen bräuchten Siedlungs- und Wohnflächen. Landwirte bräuchten Flächen zur Lebensmittelproduktion. Der Landesverkehrsminister brauche Flächen, um die Bodenseegürtelbahn auszubauen. Der Bundesverkehrsminister brauche Flächen für eine andere Verkehrsinfrastruktur.
Nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten gibt es zu wenig Flächen für Ernährung. Er forderte, im Siedlungs- und Gewerbebereich bestimmte Prinzipien einzuhalten. Seiner Ansicht nach sind hier dringend mehr hybride Ansätze nötig genauso wie mehr vertikale Entwicklungen in den Gemeinden sowie das Prinzip „Innen- vor Außenentwicklung“ und anstatt riesiger Parkplätze mehr Parkhäuser, um Fläche zu schonen und damit die Lebensgrundlage zu schützen. Auch die PV-Pflicht auf Dächern schützt seiner Ansicht nach Fläche. Und mit Agri-Photovoltaik gelinge es, Lebensmittel und Energie zu produzieren.
Flächenkonkurrenz soll verringert werden
Auch Klaus Burger (CDU) warnte vor großen Begehrlichkeiten im Blick auf die landwirtschaftliche Nutzfläche von 1,42 Millionen Hektar. Seit langem sei es ein kontinuierlicher Prozess, immer mehr Flächen für andere Zwecke umzunutzen, kritisierte er. In den letzten 30 Jahren seien das 70 000 Hektar gewesen. 15 Prozent der Landesflächen sind nach seinen Angaben inzwischen versiegelt. Derzeit liege der Tagesverbrauch bei 4,6 Hektar. Das seien vor 15 Jahren noch acht Hektar gewesen. Für Burger ist das zwar schon eine Verbesserung, aber noch lange nicht das Ziel. Für ihn ist Flächeneffizienz die Lösung.
Jan-Peter Röderer (SPD) will die Flächenkonkurrenz ebenfalls mildern. Er nannte Photovoltaikanlagen über Verkehrsflächen und Agri-Photovoltaik als Beispiele. Außerdem forderte er die Landesregierung auf, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Bodenschutzgebiete auszuweisen, damit man bei Abwägungsproblemen mit anderen Nutzungen diese Böden schützen könne. Dies sei nach dem Landesbodenschutzgesetz möglich.
Hybride Bodennutzung als Lösungsansatz
Georg Heitlinger (FDP) verwies auf den zusätzlichen Druck, den die Ausbauziele von Freiflächen-Photovoltaik und Windkraft auf die Böden und auf die Ackerfläche mit sich bringen. Er forderte den gesetzlichen Ausschluss von Freiflächen-PV-Anlagen auf Böden mit mehr als 50 Bodenpunkten sowie baurechtliche Erleichterungen für Agri-PV-Anlagen , um eine hybride Bodennutzung zu ermöglichen.
Für Dennis Klecker (AfD) ist es unverständlich, wertvolle Ackerfläche zu verschwenden. Von den 858 Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Baden-Württemberg seien nur drei Agri-Photovoltaikanlagen , kritisierte er. Außerdem sieht er Windkraftanlagen angesichts eines Jahresnutzungsgrads von etwa 25 Prozent weit abgeschlagen im Vergleich zu Wasserkraft, die doppelt so viel schaffe, sowie Braunkohle, die beim Dreifachen liege und der Kernenergie, die bei 90 Prozent sei. Er kritisierte, dass die Landesregierung mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien die Entwicklung des Hochindustrielandes vom Wetter abhängig mache.
Der Bodenpreis ist in den vergangenen Jahren um durchschnittlich 54 Prozent gestiegen
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) bedauert, dass der Flächenverbrauch fast ausschließlich zulasten der landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere der Ackerflächen, gehe. Das sei an der Entwicklung der Bodenpreise abzulesen, die in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 54 Prozent gestiegen seien. Da auch aus seiner Sicht der Ausbau der erneuerbaren Energien nötig sei, plädierte er entschieden für die hybride Nutzung von Flächen wie bei der Agri-Photovoltaik .
Außerdem räumte er ein, dass der Flächenverbrauch pro Terawattstunde bei einer Biogasanlage bei 40 000 Hektar liege. „Das können wir uns nicht leisten“, betonte Hauk . Deshalb sei eine verstärkte Nutzung von Biogas in Reststoffen nötig. Da gebe es ein Riesenpotenzial, das derzeit nicht genutzt werde. Hier müssten die Investitionsbremse sowie die Genehmigungshürden abgebaut werden.