Landtag und Regierung für demokratische Wahlen in Burundi
Stuttgart. Der Landtag und die Landesregierung haben sich für faire und demokratische Wahlen im Partnerland Burundi ausgesprochen. In einem interfraktionellen Antrag sprach sich das Parlament am Mittwoch in Stuttgart einstimmig dafür aus, Spannungen zwischen den politischen Akteuren in Burundi schnellstmöglich zu entschärfen.
Gleichzeitig bekräftigte der Landtag die im Mai 2014 unterzeichnete Partnerschaftsvereinbarung mit Burundi und das damit verbundene Ziel, die Zusammenarbeit mit Burundi „in gegenseitigem Respekt und partnerschaftlichen Miteinander weiter zu vertiefen“. Damit soll eine nachhaltige globale Entwicklung, Frieden und weltweite Gerechtigkeit sowie Demokratie und Menschenrechte gefördert werden.
Der Landtag sei „äußerst beunruhigt“ durch Berichte über Festnahmen von Oppositionellen, Gewalt und Drohungen gegen Oppositionelle und ihre Angehörigen, Verhaftung von Journalisten, Beschneidung der Rechte der Opposition sowie über Zunahme von Gewalt und Tausende von Flüchtlingen, die das afrikanische Land verlassen. „Der Landtag musst im Vorfeld der anstehenden Wahlen von Mai bis August 2015 in Burundi der Einhaltung des Abkommens von Arusha große Bedeutung bei und betrachtet daher die nicht verfassungsgemäße Kandidatur des amtierenden Präsidenten für eine dritte Amtsperiode mit Sorgen“, heißt es in dem Antrag.
Burundis Präsident Pierre Nkurunziza strebt eine dritte Amtszeit an. Dies ist laut den Verträgen von Arusha, die 2000 formell das Ende des langen Bürgerkriegs einleiteten, nicht möglich. Dort ist die Regentschaft des Präsidenten auf maximal zwei Amtszeiten begrenzt. Demnach dürfte Nkurunziza nicht mehr kandidieren. Doch seine Unterstützer argumentieren, die erste Amtszeit könne nicht mitgezählt werden, da der Präsident 2005 entgegen der heutigen Verfassung nicht per Direktwahl vom Volk, sondern durch das Parlament gewählt wurde.
Krise ist „kein Grund, sich von unserem Partner Burundi abzuwenden“
„Die Lage in Burundi ist schwierig und problematisch und spitzt sich zu“, sagte Europaminister Peter Friedrich (SPD). Dies sei enttäuschend und deprimierend, aber „kein Grund, sich von unserem Partner Burundi abzuwenden“. Er habe „erhebliche Zweifel“ an einem fairen und demokratischen Wahlkampf“. Josef Frey (Grüne) macht sich deshalb „große Sorgen“, denn Burundi stehe im Chaos. Niko Reith (FDP) befürchtet sogar einen neuen Bürgerkrieg in dem afrikanischen Land. Rita Haller-Haid (SPD) glaubt, dass der Beschluss des Landtags Wirkung zeigen wird: In Burundi spiele Baden-Württemberg „eine ganz wichtige Rolle“, urteilte sie.
Weitere Punkte im Bericht über aktuelle europapolitische Themen waren die Freihandelsabkommen, die Flüchtlingsproblematik und die verschiedenen internationalen Abkommen Baden-Württembergs. Minister Friedrich kündigte an, dass sich der von der Landesregierung zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) gegründete TTIP-Beirat „nach den Pfingstferien“ konstituieren werde. Durch den Widerstand in der Bevölkerung sei TTIP transparenter geworden und in der Öffentlichkeit finde nun eine breite Diskussion statt. Baden-Württemberg wolle, dass die Verhandlungen erfolgreich verlaufen. Friedrich betonte, es dürfe „keine Absenkungen der Bedingungen und keine faule Kompromisse bei den Standards“ geben.
Die Politik müsse für TTIP werben, sagte Wolfgang Reinhart (CDU). Allerdings reklamierte Josef Frey (Grüne) den „Schutz der Verbraucher und der Schöpfung“. Mit dem Eckpunktepapier zeige Grün-Rot die roten Linien auf. Für ihn muss sich die Landesregierung weiter in die Diskussionen um das Abkommen „einmischen“ und sich „jetzt melden“ und nicht erst, wenn Bundestag und Bundesrat darüber beraten. Als Niko Reith (FDP) erklärte, die Liberalen hätten nichts gegen das Abkommen, warf Frey der FDP vor, die Demokratie und den Mittelstand „zu verkaufen, wenn Sie TTIP so unterschreiben, wie es sich jetzt darstellt“.
Für die CDU erinnerte der Abgeordnete Reinhart an die Verdienste der früheren Ministerpräsidenten Lothar Späth, Erwin Teufel und Günther Oettinger (alle CDU). Sie seien Europäer und hätten einst die „kleine Außenpolitik’“ begründet. Er verwies auf die Donauraumstrategie, die Aktion „4 Motoren für Europa“, die Internationale Bodenseekonferenz, und den Oberrheinrat. Auf die wichtige Zusammenarbeit mit der Schweiz wies Minister Friedrich hin. „Sie ist für uns ein wichtiger Nachbar und Partner.“ Mit der Schweiz-Strategie wolle das Land versuchen, gemeinsam mit der Bundesregierung und der EU-Kommission alle drängenden Probleme zu lösen.
Spaltung „in Arm und Reich“ gefährdet Europa
Europa bedeute Frieden „nach innen und nach außen“, sagte Thomas Funk (SPD). Es sei aber kein Selbstläufer. Eine Bedrohung sieht Funk unter anderem in der zunehmenden Spaltung „in Arm und Reich“. In der Flüchtlingsfrage sprach sich der SPD-Abgeordnete für gemeinsame Standards, eine ausgeglichene Verteilung der Flüchtlinge und EU-weite Quoten aus. Die bisherige Vernachlässigung der dramatischen Situation verdeutlichte Funk an einem Beispiel: Für die Rettung der Banken hätten sich die EU-Regierungschefs 20 Mal getroffen, zur Flüchtlingsproblematik gerade einmal.
Quelle/Autor: Wolf Günthner