Debatten im Landtag vom 23. November

Landtag stimmt einhellig gegen rechtsextremistische Gewalt

Stuttgart. Die Abgeordneten aller Fraktionen im Landtag haben heute klar ihre ablehnende Haltung gegen rechtsextremistische Gewalt bekundet. Auf Vorschlag von Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) verabschiedete das Parlament eine Resolution, in der die abscheulichen Verbrechen einer rechtsextremistischen Mordserie auf das Schärfste verurteilt und die rückhaltlose Aufklärung dieser Verbrechen und ihrer Hintergründe gefordert werden. Zuvor hatten die […]

Stuttgart. Die Abgeordneten aller Fraktionen im Landtag haben heute klar ihre ablehnende Haltung gegen rechtsextremistische Gewalt bekundet. Auf Vorschlag von Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) verabschiedete das Parlament eine Resolution, in der die abscheulichen Verbrechen einer rechtsextremistischen Mordserie auf das Schärfste verurteilt und die rückhaltlose Aufklärung dieser Verbrechen und ihrer Hintergründe gefordert werden.
Zuvor hatten die Parlamentarier mit einer Schweigeminute der Opfer des Rechtsextremismus gedacht. „Es gibt Momente und Situationen, die Entschlossenheit und Geschlossenheit verlangen“, sagte Präsident Wolf. Dies sei ein solcher Moment. Wolf betonte, die Angehörigen der Opfer sollten wissen, „dass wir an ihrer Seite stehen“. Der Staat müsse seiner Schutzfunktion gerecht werden.  

Gall: Keine Vorschnellen Beurteilungen der Ermittlungen treffen

Innenminister Reinhold Gall (SPD) riet in der aktuellen Debatte, keine vorschnellen Beurteilungen der Ermittlungen in den anderen Bundesländern und Vorverurteilungen zu treffen. Man könne sich dann äußern, wenn die Fakten geklärt seien. Pauschale Angriffe hält der Minister für falsch. Gall räumte ein, dass Fehler von Sicherheitsbehörden gemacht worden seien; nach bisherigem Stand sei Baden-Württemberg nicht betroffen. Auch im Südwesten gebe es aber ein zunehmendes Potenzial an Gewaltbereitschaft bei den Extremisten. „Kommunen und Gewerkschaften sind eine Bank dagegen“, erklärte Gall. Auch die politischen Parteien stünden dafür, dass solches Gedankengut nicht weiter verbreitet wird. Der Minister wünscht sich ein „breites bürgerliches Lager“ zum Kampf gegen Extremismus und forderte die Bürger auf, „Flagge gegen Rechts“ zu zeigen. Denn das Extremismus-Problem könne die Politik nicht allein lösen.  
Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) zeigte sich bestürzt darüber, dass nach der Schreckensherrschaft des NS-Regimes „rechte Banden durch das Land ziehen und Menschen töten können“. Bestürzt war er auch darüber, dass der Staat diesen Menschen keinen Schutz bieten konnte. Beschämend findet Sckerl dabei die Verdächtigungen gegen die Opfer; sie hätten nichts mit organisierter Kriminalität und Schutzgeld-Zahlungen zu tun gehabt. Sie seien Opfer aufgrund des Feindbildes gegen Ausländer geworden. Für den Grünen sind die Taten „ein Anschlag auf unsere Grundrechte“, weshalb er restlose Aufklärung aller Hintergründe verlangte, warum die Extremisten ein Netzwerk aufbauen und Blutspuren durchs ganze Land ziehen konnten. „Der Rechtsextremismus wurde bagatellisiert“, so Sckerl, grundsätzliches Umdenken seit notwendig. Der Grünen-Politiker deutete an, dass der Rechtsextremismus möglicherweise auch in Baden-Württemberg „klein geredet“ worden sei. Er forderte eine gemeinsame Offensive für die Demokratie.

CDU: Neues Verbotsverfahren der NPD prüfen

Der Kampf gegen den Extremismus könne nicht ohne eine gut aufgestellte Polizei und den Verfassungsschutz gewonnen werde, erklärte Winfried Mack (CDU). Er äußerte Abscheu vor den Untaten einer Mörderbande und deren „menschenverachtender Ideologie“. Der Staat müsse diesem Treiben Einhalt gebieten. Mack forderte, jetzt ein neues Verbotsverfahren der NPD zu prüfen; allerdings müsse dies sorgfältig vorbereitet werden, denn „ein erneutes Scheitern wäre eine Niederlage für alle Demokraten und ein Triumph für braune Rattenfänger“.   
Im Ton etwas aus dem Rahmen von Betroffenheit fiel die Rede von Florian Wahl (SPD). Der junge Abgeordnete aus Böblingen forderte mit Angriffen auf die Opposition immer wieder heftige Zwischenrufe der CDU heraus. Der Rechtsextremismus sei herunter gespielt und nicht mit der notwendigen Härte verfolgt worden, kritisierte Wahl. Man dürfe sich nicht allein mit dem Rechtsextremismus beschäftigen, wenn ein türkisches Geschäft in Flammen stehe.
Fragen zur Struktur der rechten Szene aus der Mordserie ergeben sich für Ulrich Goll (FDP), der diese Taten „nicht für möglich gehalten“ hat. Offenkundig seien die Behörden nicht richtig aufgestellt, sagte der frühere Justizminister – denn der notwendige Grad von Wachsamkeit und Aufmerksamkeit sei nicht vorhanden. Goll reklamierte Transparenz beim Verfassungsschutz. Er äußerte aber ein Stück Selbstkritik; vielleicht habe man sich von den guten Zahlen zur rechtsextremistischen Gewalt beruhigen lassen. „In Baden-Württemberg ist aber nichts kleingeredet worden“, erklärte der Liberale. Gleichwohl gebe es Anzeichen für „rechte braune Nester in unserem Land“. Zur Diskussion über ein neues NPD-Verbotsverfahren äußerte sich Goll zurückhaltend; ein solches Verbot hätte die Mordfälle nicht verhindert, urteilte er. Außerdem würde ein NPD-Verbot den Anreiz erhöhen.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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23. November