Landtag einig gegen Vormarsch der Extremisten in Europa
Stuttgart. Ganz im Zeichen der bevorstehenden Wahl zum Europaparlament stand die von den Grünen beantragte Landtagsdebatte zum erstarkenden Rechtspopulismus. Die Vertreter aller Landtagsparteien sowie Europaminister Peter Friedrich (SPD) riefen dazu auf, demokratische Strukturen in Europa zu stärken sowie Extremisten und Populisten Einhalt zu gebieten.
Gleichzeitig wurde noch ein wenig Wahlkampf in eigener Sache betrieben. Josef Frey (Grüne) kritisierte, dass im Vorfeld der Wahl eine „Sozialneiddebatte“ gegenüber Rumänen und Bulgaren ausgerufen worden sei. „Solche Stammtischdebatten bilden den Boden für das Erstarken von AfD, Front National, SVP und wie sie alle heißen“, sagte Frey, der in diesem Zusammenhang ein von der CDU überbrachtes Grußwort für eine AfD-Demonstration in Stuttgart kritisierte. „Sie, Herr Hauk, öffnen dem Rechtspopulismus die Türen“, wandte er sich direkt an den CDU-Fraktionsvorsitzenden Peter Hauk. Die im Lissabon-Vertrag festgehaltenen europäischen Grundwerte – etwa Achtung der Menschenwürde, Demokratie, Minderheitenschutz oder Wahrung der Menschenrechte – würden für die Bürger aller 28 EU-Nationen, auch für Bulgaren und Rumänen, gelten.
CDU für bedarfsgerechte, legale Zuwanderung
Wolfgang Reinhart (CDU) verwahrte sich für seine Partei dagegen, CDU oder CSU in einem Atemzug mit der AfD zu nennen. „Wir wollen keine missbräuchliche Zuwanderung in Sozialsysteme, sondern eine bedarfsgerechte, legale Zuwanderung. Dazu stehen wir“, sagte er. Alle demokratischen Parteien müssten sich aber fragen, wie sie es mit dem Erstarken der Rechts- und Linksextremen auf EU-Ebene aufnehmen wollten. „Wir müssen die Diskussion mit den Extremisten ernst nehmen, sie totzuschweigen, wäre ein Fehler“, mahnte Reinhart. In Sachen Währungsunion und gemeinsame Währungshaftung sprach sich Reinhart klar für den Kurs der Bundeskanzlerin aus: „Solidarität nur gegen Solidität, Eigenverantwortung und vor allem: keine Eurobonds mit uns.“
Peter Hofelich (SPD) lobte die Landtagskollegen dafür, mit der Debatte zum Thema Rechtspopulismus in Europa eine Schneise zu schlagen für eine positive europäische Grundüberzeugung in Baden-Württemberg. „Es geht jetzt darum, dass wir hin stehen und abwehren und sagen: Die Errungenschaften Baden-Württembergs dürfen nicht gefährdet werden.“ Patriotismus für Europa, Regionalbewusstsein und eine positive Beispielkultur seien grundlegend für den offensiven Geist, den es in Baden-Württemberg für den Umgang mit Extremen brauche. Beim Thema Finanzen und Haftungsgemeinschaft forderte Hofelich eine europäische Wirtschaftspolitik; im Umgang mit den Extremen Zivilcourage.
FDP: „Statt einem großen Wurf viel Klein-Klein“
Für die Liberalen kritisierte Leopold Grimm den Titel der Debatte, „Europa braucht Demokratie mit Demokraten“. Er warf den Grünen, die die Debatte beantragt hatten, vor, bloß nach rechts zu blicken und den Linksextremismus auszublenden. „Das hat System, und das ist auch europaweit so“, sagte er. Bei der Bekämpfung extremistischer Parteien fehle der grün-roten Landesregierung die große Linie. „Statt einem großen Wurf viel Klein-Klein.“
Dagegen lobte Europaminister Peter Friedrich (SPD) den großen Konsens, der in der Debatte aus den Redebeiträgen für eine stärkere europäische Integration herauszuhören war. „Auch wenn wir unterschiedliche Vorstellungen zur Europapolitik haben, stellt keine der hier vertretenen Fraktionen und keine der Parteien im Wahlkampf die europäische Idee infrage, es ist ein guter Konsens zwischen Demokraten“, so Friedrich. Er führte das Erstarken der Extremen nicht nur auf Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern auch auf die damit verbundene soziale Krise zurück. „Es nützt aber nichts, Rechts- und Linksextremismus irgendwie vergleichen zu wollen“, sagte er in Richtung FDP, „was uns gemeinschaftlich Sorgen bereiten muss, ist, dass alle diese Parteien gegen die europäische Integration ausgerichtet sind.“ Totschweigen sei keine Alternative. „Wir müssen uns damit auseinandersetzen“, so Friedrich. „Es muss unser gemeinsames Interesse sein, den Populisten den Nährboden zu nehmen.“