Landtag beschließt Tariftreue- und Mindestlohn-Gesetz für öffentliche Aufträge
Stuttgart. In Baden-Württemberg dürfen öffentliche Aufträge vom Land oder Kommunen künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die ihren Beschäftigten einen tarifvertraglichen Lohn, mindestens aber einen Stundenlohn von 8,50 Euro bezahlen. Ein entsprechendes Tariftreue- und Mindestlohngesetz wurde im Landtag in zweiter Lesung mit der Mehrheit der Abgeordneten der grün-roten Regierungsfraktionen beschlossen. Damit soll sichergestellt werden, dass das zumeist tarifgebundene baden-württembergische Handwerk und der Mittelstand im Land bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge nicht mehr von Billiganbietern unterboten werden, die ihren Beschäftigten Dumpinglöhne bezahlen und mit denen die heimische Wirtschaft nicht konkurrieren kann. Bislang waren Land und Kommunen gezwungen, bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen dem billigsten Anbieter den Zuschlag zu erteilen. Künftig fällt auch der öffentliche Verkehrssektor unter dieses Gesetz. Vergleichbare gesetzliche Regelungen gibt es bereits in elf anderen Bundesländern.
Für die CDU-Fraktion, die das Gesetz ablehnt, kritisierte der Abgeordnete Reinhard Löffler das Gesetz als ein „bürokratisches Monster“, das für Unternehmen und öffentliche Hand gleichermaßen eine enorme zusätzliche Belastung darstelle. „Nirgends ist dann ein Antrag so teuer wie bei uns und nirgends so kompliziert“; sagte Löffler. Zudem kritisierte Löffler die Nachweispflicht für Unternehmen, sich an Tarif- bzw. Mindestlöhne zu halten.
Dagegen sagte Alexander Schoch (Grüne), dass das Gesetz eine breite Zustimmung verdiene, weil es für einen fairen Wettbewerb unter den Unternehmen sorge. „Das Gesetz trägt dazu bei, dass faire Löhne gezahlt werden. Wer öffentlich Aufträge annimmt, darf keine Hungerlöhne zahlen“, sagte Schoch unter dem Beifall der Abgeordneten von Grünen und SPD. Entgegen der Kritik des CDU-Abgeordneten Löffler sei kein „adipöses, sondern ein schlankes Gesetz“ geschaffen worden, das die Regulierung auf ein Mindestmaß beschränke“. „Wir brauchen das Gesetz, damit denjenigen, auf deren Kosten Lohndumping betrieben wird und die ihren Lebensunterhalt aufstocken lassen müssen, der Gang zum Amt erspart bleibt.“ Hans-Peter Storz (SPD) sagte, dass das Land mit dem Gesetz seiner Verantwortung gegenüber Arbeitnehmern und Arbeitgebern nachkomme. „Denn das billigste Angebot ist oft nicht das wirtschaftlichste. Die Kosten für Billiganbieter zahlen wir alle“, sagte Storz.
FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke kritisierte hingegen die Einführung eines Mindestlohns in Baden-Württemberg „durch die Hintertür“, nachdem es auf Bundesebene gescheitert sei. „Mindestlöhne sind nur auf den ersten Blick gut, auf den zweiten aber gefährlich“, sgte Rülke. „Entweder sind sie zu hoch – dann vernichten sie Arbeitsplätze; oder sie sind zu niedrig – dann sind die wirkungslos. Neben den IHK hätten auch Kommunen und der Gemeindetag das Gesetz kritisiert. Sie befürchteten einen hohen Kosten- und Bürokratieaufwand. Das Gesetz beinhalte keinen einzigen positiven Effekt, sondern nur unnötigen bürokratischen Ballast. „Gut gemeint, schlecht gemacht“, bilanzierte Rülke.
Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid lobte für die Landesregierung die Verabschiedung des Gesetzes als einen „guten Tag für Baden-Württemberg“ und nannte es einen „Meilenstein auf dem Weg zum Musterland für gute Arbeit“. Ein umfangreiches Beteiligungsverfahren liege dem Gesetz zugrunde. „Die Weisheit der vielen hat dieses Gesetz besser gemacht“, sagte Schmid. „Wir sagen Ja zum Mittelstand und Nein zum Lohndumping. Wer seine Leute anständig bezahlt, soll nicht von Ausbeutern vom Markt gedrängt werden.“