Landtag beschließt neues Hochschulgesetz
Stuttgart. Promotionsrecht auch an Hochschulen für angewandte Wissenschaft, mehr Transparenz bei Drittmittelforschung und Forschungsergebnissen, die Abkehr vom Leitbild der unternehmerischen Hochschule, neue Leitungsstrukturen und größerer wissenschaftlicher Freiraum für die Hochschulen – das sind Kernpunkte der Novellierung des Landeshochschulgesetzes, die am Donnerstag mit den Stimmen der grün-roten Regierungsfraktionen punktgenau zum dritten Jahrestag des grün-roten Wahlsieges im Landtag beschlossen wurde. Dagegen kritisierten CDU und FDP, das Gesetz sei in vielen Punkten wirtschafts- und standortfeindlich.
„Unsere Hochschulen erhalten mit diesem Gesetz eine gute neue Verfassung, die ihnen die Freiheit gewährt, die sie brauchen, im innovativ und kreativ zu sein“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), die den zweijährigen Entstehungsprozess und die Beteiligung der Hochschulen als beispielhaft für die „Politik des Gehörtwerdens“ bezeichnete. Damit würden zudem zentrale Anliegen aus dem Koalitionsvertrag realisiert: „Das Leitbild der unternehmerischen Hochschule wird abgelöst durch ein wissenschaftsadäquates Leitbild und Strukturen, der Zugang zu den Hochschulen wird erleichtert, Studiengänge werden studierbarer gemacht, die Gleichstellung wird verbessert, die Rolle der Hochschule in der akademischen Weiterbildung gestärkt, die Transparenz bei der Drittmittelforschung erhöht, die Ergebnisse zugänglicher gemacht, die Profile der Hochschularten weiterentwickelt, und die Bedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs verbessert“, fasste Bauer zusammen.
„Für die Hochschulen beginnt der Weg zu neuen Freiräumen"
Seinen Dank an die Hochschulen und alle Beteiligten, auch die Landtagsfraktionen, sprach Kai Schmidt-Eisenlohr (Grüne) aus. „Der Langstreckenlauf zum neuen Landeshochschulgesetz ist fast vorbei, der Weg der Politik endet hier“, sagte er. „Für die Hochschulen beginnt der Weg zu neuen Freiräumen.“ Auch Martin Rivoir (SPD) lobte das Gesetz und stellte die neuen Leitungsstrukturen, das Promotionsrecht und die Drittmitteltransparenz heraus. „Der Ausbau des Weiterbildungsbereichs ist eine tolle Chance für die Hochschulen, sich neue Märkte zu erschließen, wenn Zahl der Studierenden zurückgeht“, so Rivoir weiter. Alle diese Maßnahmen seien im Gegensatz zur Kritik der Opposition ausgesprochen wirtschaftsfreundlich.
Friedrich Bullinger (FDP) bedauerte dagegen, dass dem Gesetz im Verfahren „nicht alle Giftzähne“ gezogen werden konnten. „Der Vorrang privater Leistungserbringung fehlt, die Vorschriften für die Promotionsvereinbarung sind eine Gängelung; die Regelungen zur Drittmittelforschung sind Stand ort- und wirtschaftsgefährdend“, sagte Bullinger. Er fürchte, dass die Unternehmen künftig weniger in die Drittmittelforschung investieren würden. „Das Gesetz ist sehr bürokratisch, es bringt zu viele Einmischungsmöglichkeiten des Ministeriums und berücksichtigt die Anliegen vor allem der privaten Hochschulen viel zu wenig.“
CDU nennt das Gesetz „unsinnig, teuer und ideologisch“
Auch die CDU lehnte das Gesetz als wirtschaftsfeindlich ab. „Im Vergleich zum ersten Entwurf konnte zwar das Schlimmste verhindert werden“, sagte die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz. „Das heißt aber nicht, dass wir heute über ein gutes Gesetz abstimmen. Es ist unsinnig, teuer und ideologisch.“ Etliche Regelungen bezeichnete Kurtz als wirtschaftsfeindlich: Die Änderung der Leitungsstrukturen mit dem Einflussverlust der externen Experten in den Hochschulräten, die Offenlegung der Drittmittelforschung sowie die Zweitveröffentlichungspflicht der Hochschulen. „Sie entzieht den Verlagen ein Geschäftsmodell und kann so von den Hochschulen gar nicht erbracht werden“, so Kurtz. Sie kritisierte zudem, dass die auch vom Rechnungshof bemängelte Umbenennung des Studentenwerks in Studierendenwerk im Rahmen des Gesetzes rund eine halbe Million Euro kosten werde.
Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein