Debatten im Landtag vom 18. und 19. April 2012

Landesverfassungsbeschwerde soll Grundrechtsschutz verbessern

Stuttgart. Als wichtigen Baustein ihrer „Politik des Gehörtwerdens“ plant Rot-Grün, eine Landesverfassungsbeschwerde einzuführen. Das kündigte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) am Mittwoch im Landtag an. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde beschlossen. Die Bürger Baden-Württembergs sollen ab kommendem Jahr Verfassungsbeschwerden beim Staatsgerichtshof einlegen können. Bisher müssen Kläger gegen Hoheitsakte des Landes das Bundesverfassungsgericht anrufen. „Wir wollen die Identifikation […]

Stuttgart. Als wichtigen Baustein ihrer „Politik des Gehörtwerdens“ plant Rot-Grün, eine Landesverfassungsbeschwerde einzuführen. Das kündigte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) am Mittwoch im Landtag an. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde beschlossen. Die Bürger Baden-Württembergs sollen ab kommendem Jahr Verfassungsbeschwerden beim Staatsgerichtshof einlegen können. Bisher müssen Kläger gegen Hoheitsakte des Landes das Bundesverfassungsgericht anrufen.
„Wir wollen die Identifikation der Menschen mit ihrer Landesverfassung stärken“, sagte der Justizminister. Er erläuterte, dass sich Verfassungsbeschwerden auch gegen Landesgesetze richten könnten, sofern Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betroffen seien. Das ist beispielsweise beim Beamten-, beim Gaststätten- oder auch beim Justizvollzugsgesetz denkbar. Das Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten. Durch die Einführung entstünden jährlich Kosten von rund 330 000 Euro.
Mit der Einführung einer Landesverfassungsbeschwerde zielt die Landesregierung darauf ab, den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Insbesondere hinsichtlich des Wahlrechts und der Wahlrechtsgrundsätze gibt es bislang eine Rechtsschutzlücke, die nun geschlossen werde, so der Minister. Stickelberger betonte, dass damit keine Doppelstruktur geschaffen werde. „Der Weg zum Bundesverfassungsgericht wird durch den Gesetzesentwurf nicht versperrt.“ Die Maßnahme sei komplementär und schaffe keine Konkurrenz.
Gegenstand der Landesverfassungsbeschwerde können Akte der Landesstaatsgewalt sein. Dazu gehören Landesgesetze, Akte der Exekutive des Landes sowie Entscheidungen der Gerichte des Landes, sofern nicht Bundesgerichte entschieden haben oder letztinstanzlich zuständig sind. Eine Landesverfassungsbeschwerde ist nur dann zulässig, wenn der vorherige Rechtsweg erschöpft ist.
Den Bürgern soll die Klage als Instrument dienen, sich gegen Akte der Staatsgewalt zur Wehr setzen zu können, so der Minister. Nun hätten sie künftig die Möglichkeit, sich in rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesverfassungsgericht oder an Strafgerichtshof in Stuttgart zu wenden.
Bei der Landesverfassungsbeschwerde gelte kein Anwaltszwang und im Regelfall würden keine Gebühren fällig, teilte der Minister mit. Die allgemein anerkannten Beschwerdefristen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes würden auch für die Landesverfassungsbeschwerde gelten. Eine Aufnahme in die Landesverfassung sei möglich. Nach Aussage Stickelbergers entschied man sich bewusst für eine eingeschränkte Version der Landesverfassungsbeschwerde, die keine Populärklage beinhaltet, wie es beispielsweise in Bayern der Fall ist. „Es ist ein deutliches Signal an die Menschen, dass Sie ihre Bedenken und Beschwerden nun auch in ihrem Land vorbringen dürfen“, sagte Stickelberger.

Quelle/Autor: Christian Siekmann

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18. und 19. April 2012