Heftiger Schlagabtausch über Straßenbaupolitik
Stuttgart. Jochen Haußmann empfahl, den Blick nach vorne zu richten, fand aber keine Mitstreiter. Der FDP-Verkehrsexperte war der einzige Redner, der sich in der von den Grünen beantragten Debatte über die „verfehlte Straßenbaupolitik der Vorgängerregierung“ auf Angriffe auf den politischen Gegner verzichtete. Ansonsten glich die Auseinandersetzung vielen Vorgängerdebatten. Die CDU warf Grün-Rot vor, zu wenig Geld in den Straßenbau zu stecken. Grün-Rot warf der CDU vor, unseriös finanziert zu haben.
So habe die CDU, so Andreas Schwarz (Grüne), ein 150-Millionen- Euro-Impulsprogramm aufgelegt; im Haushalt hätten dafür aber nur 60 Millionen Euro zur Verfügung gestanden. „Damit haben Sie gerade einmal den Spatenstich und die Blaskapelle finanzieren können.“ Die Differenz – also 90 Millionen Euro – sei an Grün-Rot hängen geblieben. Dennoch habe noch nie eine Landesregierung so viel in den Erhalt der Landesstraßen gesteckt wie Grün-Rot: 125 Millionen Euro im vergangenen und 120 Millionen Euro in diesem Jahr. Das sei mehr als doppelt so viel wie im Durchschnitt in CDU-Zeiten.
Thaddäus Kunzmann (CDU) rechnet anders. Wenn man Erhalt und Neubau zusammenzähle, habe die schwarz-gelbe Landesregierung von 2009 bis 2011 rund 425 Millionen Euro in die Landesstraßen investiert, Grün-Rot von 2012 bis 2014 rund 375 Millionen Euro. Kunzmann verwies darauf, dass auch Grün-Rot Sonderprogramme fahre und diese mit Schulden finanziere. So etwa 2015 insgesamt 80 Millionen Euro. Er erinnerte daran, dass das von Schwarz kritisierte Impulsprogramm in die Zeit der Wirtschafts- und Finanzkrise fiel und fragte: „War es in der damaligen Situation richtig oder falsch, so ein Sonderprogramm aufzulegen?“ Dass die neue Landesregierung ihre Rücklagen in Wahlkampfzeiten ausgebe, sei dagegen nicht seriös.
SPD: 2005 bis 2008 wurde kein Euro in Erhalt gesteckt
Hans-Martin Haller (SPD) gab den Vorwurf zurück. „Wenn wir Schulden machen, machen wir sie beim Finanzminister. Sie machen Schulden beim Finanzminister und beim Verkehrsminister.“ Der SPD-Verkehrsexperte wies darauf hin, dass die Vorgängerregierung in den Jahren 2005 bis 2008 keinen einzigen Euro in den Erhalt gesteckt habe. Die schwarz-gelbe Mehrheit habe seinerzeit alle Anträge der Opposition abgelehnt, in denen es darum ging, diesen Zustand zu beenden.
FDP-Experte Haußmann wies darauf hin, dass er erst 2011 im Landtag sitze und die Zeiten, von denen Haller sprach, demzufolge nicht beurteilen könne. Stattdessen präsentierte einen Vorschlag für die Zukunft: Sinnvoll könne die Gründung einer Landesinfrastrukturgesellschaft sein, um eine Finanzierung in größeren Zeiträumen zu ermöglichen. „Statt uns über die Deutungshoheit zu streiten, schauen wir nach vorne“, sagte er.
Hermann: „Ich bin nicht gegen Spatenstiche“
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verwehrte sich gegen den Vorwurf, den Straßenverkehr nicht im Blick zu haben. Dass könne er sich gar nicht leisten „in einem Land, in dem 80 Prozent des Personenverkehrs und 80 Prozent des Güterverkehrs auf der Straße abgewickelt wird“. Die Straßenbaufinanzierung der Vorgängerregierung sei „völlig intransparent“ gewesen – und die meisten Projekte seien kreditfinanziert. Folge: Das Land zahle heute noch Kredite zurück, beispielsweise aus dem Landesinfrastrukturprogramm LIB.
Er sei auch, anders es ihm unterstellt werde, nicht gegen Spatenstiche. Nur gegen solche, die kreditfinanziert seien. „Wissen Sie, warum Sie so aufgeregt sind?“, sagte Hermann in Richtung CDU. „Weil es Ihnen bewusst wird, dass wir das hinkriegen, was Sie jahrelang nicht hingekriegt haben – und das seriös.“