Debatten im Landtag

Grünen-Fraktionschef Schwarz wirft der AfD Antisemitismus vor

Es sollte kein Tagesordnungspunkt sein wie jeder andere. Doch am Ende kriegte sich wieder einmal die AfD mit vielen anderen in die Haare: in der von der CDU beantragten Debatte zum Terror in Israel.

Stuttgart. Hat die AfD einfach nicht begriffen, was am Mittwoch auf Punkt eins der Tagesordnung stand? Oder ist sie tatsächlich antisemitisch, wie der Grünen-Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz in der Debatte zum Thema „Baden-Württemberg fest an der Seite Israels – gegen jeden Antisemitismus, auch in Deutschland“ behauptete?

Tatsache ist, dass AfD-Fraktionschef Anton Baron seine Rede zu großen Teilen für Angriffe gegen die politische Konkurrenz nutzte und dass er damit an diesem Morgen ziemlich allein stand. Die anderen Redner, Ministerpräsident Winfried Kretsch-mann (Grüne) eingeschlossen, betonten im Wesentlichen ihre Solidarität mit Israel und den Juden. Schwarz, der unmittelbar nach Baron sprach, fühlte sich durch die Angriffe des AfD-Fraktionschefs provoziert. Und so sagte er etwas, was auch bei Parlamentariern für Irritationen sorgte, die keine Sympathie für die Rechtspopulisten hegen: „Schämen Sie sich wegen Ihrer antisemitischen Haltung.“ Julia Goll (FDP) etwa warnte davor, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte.

Schwarz: Baron hat nicht begriffen, worum es in der Debatte geht

Schwarz erläuterte auf Nachfrage, was ihn auf die Palme gebracht hatte. Die AfD habe sich nie überzeugend von ihrem ehemaligen Abgeordneten Wolfgang Gedeon distanziert, der der ersten AfD-Landtagsfraktion angehört hatte und als Antisemit galt.

Außerdem habe die AfD-Bundesspitze in dieser Woche anders als alle anderen Parteien klare Worte zu den Morden der Hamas vermissen lassen. Baron wiederum habe nicht begriffen, dass es an diesem Morgen um Solidarität mit Israel und den Juden ging und nicht um gegenseitige Schuldzuweisungen.

Dabei geizte Baron nicht mit Worten wie „abscheulich“, „niederträchtig“ und „barbarisch“. Die AfD-Landtagsfraktion verurteile die terroristischen Angriffe. „Israel und das jüdische Volk haben unsere volle Solidarität.“ Doch dann ging er zum Angriff über. Jene Milieus, die jetzt in Deutschland die Morde feierten, seien von den etablierten Parteien „gezielt angelockt“ worden. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine habe ein einziger Buchstabe Baron spielte auf der „Z“ an gereicht, um Strafen auszusprechen. „Doch wenn Hunderte junge Islamisten in deutschen Innenstädten vor den Augen der Polizei Hamas-Fahnen schwenken und antisemitische Parolen brüllen, schaut die Staatsmacht weg.“

Dabei hatte die AfD zu Anfang der Debatte noch einem anderen Grünen Beifall gespendet: Als Winfried Kretschmann versprach, „zu unseren israelischen Freunden und zu unseren jüdischen Gemeinden zu stehen“, und ergänzte, „wer sie bedroht und angreift, der greift uns alle an“, erhielt er auch Applaus von rechts außen. Damit nicht genug: Die AfD hatte im Vorfeld sogar einer Vorverlegung der Debatte auf Mittwoch zugestimmt, da der Ministerpräsident am Donnerstag verhindert war.

Damit war es jedoch vorbei, als der Regierungschef ergänzte: „Das Land Baden-Württemberg und die große demokratische Mehrheit stehen unverbrüchlich zu Israel.“ Da war sie wieder die Vokabel, die die AfD ausgrenzt. Und der Ärger darüber war auch noch bei der Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Manuel Hagel spürbar, die wiederholt durch AfD-Zwischenrufe gestört wurde.

Bis Hagel die Hutschnur riss und er seinerseits die AfD attackierte auf Schwäbisch: „Ihre beiden Bundesvorsitzenden, die ja weiß Gott sonst bei jedem Kruscht immer die Gosch offen hend, haben es bis heute nicht hinbekommen, auch nur annähernd irgendetwas Vernünftiges zu diesem schrecklichen Vorfall zu sagen.“

Zuvor hatte Hagel Fernsehbilder geschildert, die einem den Schlaf rauben können. Und er hatte von der Pro-Israel-Demonstration am Montag vor dem Stuttgarter Rathaus erzählt, an deren Ende die Juden „vorsichtig ihre Kippa vom Kopf genommen und ihre Israelfahnen ganz klein gefaltet und in ihren Rucksäcken wieder versteckt“ hätten. Er habe sie gefragt, erzählte er: „Warum eigentlich?“

Woraufhin ein AfD-Abgeordneter sich einen Zwischenruf nicht verkneifen konnte: „Ja warum?“ Da war es Hagel zu viel: „Wie man so ohne jede Pietät sein kann wie Sie, in einer Stunde wie dieser, bei einem Thema wie diesem, dass Sie nicht einfach einmal ruhig sein können! Es ist wirklich unerträglich!“

Baron: „Kein Wort und kein Satz in meiner Rede“ antisemitisch

Auch Anton Baron war es diesmal zu viel. „Die heutige Debatte markiert einen neuen Tiefpunkt der parlamentarischen Kultur in Baden-Württemberg“, ließ er auf Nachfrage ausrichten. „Kein Wort und kein Satz in meiner Rede, in dem anständige Menschen auch nur einen Hauch von Antisemitismus finden könnten.“ Er habe nur einen Bezug zwischen der Migrationspolitik der Landesregierung und den Pro-Hamas-Demonstrationen hergestellt, „wie es einem echten Oppositionsführer zusteht“.

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