Grüne und CDU verabschieden Nachtragshaushalt, FDP und AfD ziehen dagegen vor Gericht
STUTTGART. FDP und AfD geben den Kampf gegen den Nachtragshaushalt nicht verloren, den der Landtag am Mittwoch mit den Stimmen von Grünen und CDU verabschiedet hat. Beide Oppositionsfraktionen sind der Auffassung, dass eine Neuverschuldung in der aktuellen Situation gegen die Schuldenbremse verstößt.
Nun kommt die Frage vor den Verfassungsgerichtshof, nachdem bereits der Landesrechnungshof scharfe Kritik geübt hat. Hintergrund: Das Land erwartet für 2020 eine Milliardenüberschuss. Der genaue Beitrag steht jedoch noch nicht fest. Nach Auffassung der Opposition würde der Überschuss – die Rede ist von 2,6 Milliarden Euro – neue Schulden überflüssig machen.
Bayaz verspricht, nicht benötigtes Geld in die Tilgung zu stecken
In der Landtagsdebatte ging Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) auf diesen Punkt nicht ein. Stattdessen macht er deutlich, wofür das Geld seiner Ansicht nach gebraucht wird: Klimaschutz, Digitalisierung, Infrastruktur, Bildung,Kommunen, ländlicher Raum, Polizei, Justiz. Der Finanzminister betonte zudem, dass es sich bei den 1,2 Milliarden Euro, die das Land nun aufnehmen darf, nur um Kreditermächtigungen handele, keine „Zwangskredite“. Und er sagte zu, dass das nicht benötigte Geld in die Tilgung fließen werde.
Der Finanzminister machte außerdem klar, was die Alternative gewesen wäre: „ein superhartes Sparprogramm, das an die Substanz geht“. Mitten in der Pandemie hätte das Land „auf jegliche Investitionen“ verzichten müssen.
Unterstützung erhielt Bayaz von den Regierungsfraktionen. Tobias Wald (CDU) betonte, dass die weitere Pandemie-Entwicklung, insbesondere was die Delta-Variante angeht, unklar sei. Die Kreditermächtigung diene als Risikovorsorge.
„Das ist alle gut investiertes Geld“, sagte Markus Rösler (Grüne). „Wir sichern heute die Handlungsfähigkeit von morgen.“ Rösler meldete sich auch zu Wort, als Nicolas Fink (SPD) der Regierung vorwarf, nicht zu sagen, wofür sie das Geld verwenden wolle. „Wie sollen wir denn jetzt sagen, welche Maßnahmen im Oktober, November oder Dezember erforderlich sind, wenn es nur darum geht, eine Vorsorge zu treffen“, fragte Rösler den Sozialdemokraten.
FDP: Für Bayaz sind Schulden normal, dabei sollten sie das letzte Mittel sein
Nach Ansicht von Fink muss das Geld in Luftfilter fließen – und zwar für jedes Klassenzimmer –, in pädagogische Assistenzen und zusätzliche Lehrerstellen. Auch die Sportvereine bräuchten Geld.
Den Finanzbedarf stellte auch Rainer Podeswa (AfD) nicht in Abrede. Der Haushalt sei jedoch verfassungswidrig. Podeswa verwies darauf, dass der Überschuss von 2018 und 2019 schon Ende 2019 in den Doppelhaushalt 2020/2021 eingepreist wurde. Dass die Landesregierung im Juli 2021 nicht den Überschuss von 2020 kenne, sei „pure Bürgerverdummung“.
Stephen Brauer (FDP) wies darauf hin, dass sich der Rechnungshof noch nie so vehement gegen einen Haushalt ausgesprochen habe. Verschuldung müsse die Ultima Ratio sein. Für Bayaz sei es jedoch umgekehrt: Verschuldung werde das Mittel der Wahl – „und ein ausgeglichener Haushalt ohne neue Schulden ist das letzte Mittel.“
Quelle/Autor: Michael Schwarz