Grüne und CDU einig in Fragen der Klimaneutralität, Herangehensweise unterscheidet sich
STUTTGART. Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Raimund Haser hat die von den Grünen beantragte Aktuelle Debatte zur Weltklimakonferenz in Glasgow genutzt, um die Neuausrichtung seiner Partei im Umgang mit der Windkraft zu unterstreichen. „Ich möchte nicht meiner Tochter irgendwann erzählen müssen, wir hätten das schon hinbekommen, aber die Windräder sehen einfach blöd aus“, so der Wangener Abgeordnete, der vehement dafür warb, zügig Finanzinstrumente zu entwickeln, „um privates Kapital in den Hochlauf der Klimainvestitionen zu lenken“.
Grundsätzlich sind Grüne und CDU einig in Fragen der Klimaneutralität, die Herangehensweise unterscheidet sich dagegen deutlich. Denn Haser plädiert dafür anzuerkennen, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, „um nicht in einer Katastrophe zu enden“: Effizienz und technologischer Fortschritt, denn: „Mir fehlt der Glaube, dass wir aufhören zu fliegen, zu fahren, zu produzieren, ich glaube nicht, dass unsere Kinder in kleineren, kälteren Wohnungen leben wollen“. Im Detail plädierte Haser unter anderem dafür, dass zur Verfahrensbeschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Teile der Bürgerbeteiligung zu verzichten.
„Umfassende Transformation unserer Wirtschaft“
Für die Grünen-Fraktion dagegen erwartet Jutta Niemann, dass es nicht nur darum gehe, „ein, zwei neue Technologien einzuführen“ oder „ein bisschen Energie zu sparen“. Vielmehr gehe es um eine umfassende Transformation unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft, und die werde alle betreffen: Politik, Unternehmen und Bürginnen und Bürger. Auch der Backnanger SPD-Abgeordnete empfahl – so wichtig es sei, auf Innovation und Effizienz zu setzen- „auch unser Verhalten zu überdenken“. Und er erinnerte „gerade mit Blick auf Glasgow“ daran, dass der britische Ökonom Nicholas Stern schon 2006 für die damalige Labour-Regierung erklärt habe, „dass wir die Klimaerwärmung wirksam begrenzen können, wenn wir bereit sind, ein Prozent des Bruttosozialprodukts für den Klimaschutz zu investieren“. Andernfalls müssten fünf Prozent des BSP ausgegeben werden, um mit den Folgen der Klimaerwärmung zurecht zu kommen.
Daniel Karrais (FDP) begrüßte das Engagement des Landes grundsätzlich, gerade auch in der von Baden-Württemberg und Kalifornien 2015 auf den Weg gebrachten Under2-Koalition mit inzwischen 260 Mitgliedern weltweit. Sei sie „ein politisches Symbol für gemeinsame Ziele, hat aber keine konkrete Auswirkung“. Sie sei „ein zahnloser Tiger“, weil viele Regionen zu wenig Kompetenzen hätten, um tatsächlich konkret vorgehen zu können. Außerdem sei Baden-Württemberg in Glasgow gar nicht als Vorbild wahrgenommen worden angesichts seiner hohen Energiepreise, der Verbote und dirigistischen Mittel. Das motiviere nicht zur Nachahmung, so Karras, „das ist schade, aber es ist einfach so“.
Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) widersprach dem Liberalen, weil sich auf der Reise nach Glasgow gerade gezeigt habe, wie groß das Interesse am baden-württembergischen Weg und „an unserem ambitionierten Weg“ sei. Als zentrale Frage müsse geklärt werden, woher der Wasserstoff kommen solle, den das Land als wichtiger Industriestandort brauche, „und natürlich führen wir da Gespräche“. Sie hoffe sehr, dass bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin die Weichen richtig gestellt würden, nicht zuletzt in Richtung einer deutlichen Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Zu der Forderung des Freudenstädter AfD-Abgeordneten Uwe Hellstern, zur Atomenergie zurückzukehren, erwiderte die Grüne, dies ergebe „eine gigantische volkswirtschaftliche Verlustrechnung“. Allein wegen der fehlenden Finanzierung oder der langen Planungsphasen – „von der ungelösten Endlagerung ganz zu schweigen“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer