Grüne, CDU und SPD wollen Landtagswahlrecht so schnell wie möglich ändern
STUTTGART. Unbeeindruckt von den Argumenten der FDP-Fraktion wollen Grüne, CDU und SPD das Landtagswahlrecht so schnell wie möglich ändern. Nach der Einarbeitung „letzter rechtlicher Details“, wie es heißt, will das Dreier-Bündnis den entsprechenden Gesetzentwurf noch im November in den Landtag einbringen.
In der von den Liberalen beantragten Aktuellen Debatte verlangte Hans-Ulrich Rülke erneut, über die Reduzierung der Wahlkreise von 70 auf 60 zu diskutieren, um damit die Aufblähung künftiger Landtag zu verhindern. Für die CDU kritisierte der parlamentarische Geschäftsführer Andreas Deuschle diesen Vorschlag, weil der „die Verhältnismäßigkeit“ aus den Augen verliere. Die SPD-Fraktion ist gegen die Verkleinerung, auch weil der Landtag im Vergleich zu anderen Landesparlamenten keineswegs zu groß sei.
Rülke erinnert an Forderungen aus der Vergangenheit
Ausgestattet mit Fundstücken aus dem Parlamentsarchiv, versuchte Rülke vor allem den Grünen zu verdeutlichen, wie nahe die FDP-Forderung an frühere Positionen der heute größten Regierungsfraktion noch aus ihren Oppositionszeiten reiche. Mehrfach in der Vergangenheit war die Verkleinerung des Landtags gefordert worden. Außerdem berief sich Rülke auf die Reden von Wolfgang Schäuble (CDU) und seiner Nachfolgerin Bärbel Bas (SPD) in der ersten Sitzung des neuen Bundestags, die sich beide für eine grundlegende Wahlrechtsrechtreform ausgesprochen hatten. Ohnehin sei im Bundestag mittlerweile insgesamt erkannt worden, „dass es nur ein wirksames Mittel gegen das permanente Anschwellen des Parlaments gibt, nämlich die Reduktion der Zahl der Wahlkreise“. Die Grünen hätten sich in den Neunziger Jahren sogar für eine Reduzierung nicht nur von 70 auf 60, sondern sogar auf 50 ausgesprochen.
Schwarz warf seinem FDP-Kollegen vor, ohne inhaltlich im Detail auf die Beispiele aus früheren Jahren einzugehen, lieber in die Vergangenheit statt in die Zukunft zu blicken: „Sie haben gekramt und die alten Anträge gefunden.“ Völlig unklar bleibe aber, wie die verlangte Zahl 60 zustande komme. Auch Sascha Binder (SPD) warf den Liberalen vor, keine konkreten Vorschläge für einen neuen Zuschnitt der Wahlkreise zu präsentieren: „Diese Hausaufgabe haben sie nicht gemacht, deshalb verstärkt sich der Eindruck, dass das ein Thema ist, das Sie gesucht und gefunden haben, um Sand ins Getriebe der Reform zu bringen.“
Deuschle: In einem weiteren Schritt darüber diskutieren
Wie Schwarz – „Wir sollen einen Knödel nach dem anderen essen, sonst verschlucken wir uns“ – kann sich auch Deuschle vorstellen, in einem weiteren Schritt über die Verkleinerung zu diskutieren. Die Reduzierung könne eine Option sein, „denn je mehr Wahlkreise es gibt, desto mehr Abgeordnete gibt es“. Dies sei aber kein Punkt der FDP, sondern „einer der Vernunft und der Mathematik“. Gegen weniger Wahlkreise spricht nach Meinung des CDU-Fraktionsvizes aber der Vergleich mit anderen Ländern: Ein Abgeordneter vertrete in Baden-Württemberg 185.000 Bürgerinnen und Bürger, bei einer Verkleinerung um zehn Wahlkreise wären es 26.000 mehr – „jeder, der mal in einem Fußballstadion war, weiß, wieviele das sind“. Und diese Mehrbelastung „hätte jeder von uns zu tragen“. In Niedersaschen vertrete ein Abgeordneter 92.000 Bürger, im NRW seien es 140.000.
Bernd Gögel (AfD) kritisierte vehement, wie sich die anderen vier Fraktionen – die die Wahlrechtsreform allein ausverhandeln – sich selber als demokratische Fraktionen bezeichneten: „Das können sie sich für die Zukunft wegstecken“, so der Fraktionschef,“ denn das disqualifiziert sie für dieses Haus.“ Mit der Reform solle lediglich „der Parteienfilz im Land“ gestärkt werden.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer