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Grün-schwarze Landesregierung verteidigt Grundsteuerreform
STUTTGART. Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) hat am Donnerstag im Landtag die Grundsteuerreform verteidigt. Das „modifizierte Bodenrichtwertmodell“, auf den Grüne und CDU sich 2020 einigten, sei „einfach, ökologisch, innovativ und transparent“. Dem Steuerzahlerbund, der das Land verklagen will, hielt sie vor, sich ansonsten für ein möglichst einfaches Steuerrecht auszusprechen, in diesem Fall aber eine Einzelfallgerechtigkeit zu fordern, die es nicht geben könne. Das passe nicht zusammen. Sie erinnerte daran, dass der Gesetzgeber gezwungen war, zu handeln. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 die bisherige Grundlage für verfassungswidrig erklärt.
Anlass der Debatte waren einige redaktionelle Änderungen, die nachträglich in das Gesetz eingebaut werden sollen und die der Landtag nun billigen muss. Unter anderem geht um die Frage, wie Grundstückseigentümer gegen ihrer Ansicht nach fehlerhafte Bodenrichtwerte vorgehen können. Markus Rösler (Grüne) sprach von kleineren Nachjustierungen. So bekommen beispielsweise Vereine und Genossenschaften, die nicht der Kapitalertragssteuer unterliegen, nur einen Steuernachlass, wovon auch deren Mieter profitieren. „Man sieht: Nobody is perfect“, sagt er zur Erklärung. Die Grundsteuerreform sei erforderlich, die Gemeinden bräuchten sie, weil sie aus der Steuer pro Jahr 1,8 Milliarden Euro Einnahmen erzielten.
Tobias Wald (CDU) erinnerte daran, dass zwei renommierte Rechtswissenschaftler die Verfassungsmäßigkeit des baden-württembergischen Modells bestätigt hatten, darunter der Berichterstatter jenes Verfahrens, bei dem das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Einheitswerte für verfassungswidrig erklärt hatte. Er gehe davon aus, dass jedes Modell in Karlsruhe landen wird und dass erst danach klar ist, wie es mit der Grundsteuerreform weitergeht.
SPD: Land hat keinen Plan B
Nicolas Fink (SPD) warf Danyal Bayaz (Grüne) vor, seine Staatssekretärin vorzuschicken, um selber nicht Stellung beziehen zu müssen. Zwar habe der Finanzminister das Gesetz nicht zu verantworten, das vor seiner Zeit verabschiedet wurde. Wohl aber habe er entschieden, die Abgabefrist nicht zu verlängern und gleichzeitig die Frist für die Landesimmobilien nicht eingehalten. Außerdem warf Fink der Landesregierung vor, keinen Plan B zu haben, wenn das Bodenwertmodell vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden sollte,
Noch heftiger fiel die Kritik von Rudi Fischer (FDP) aus. Die aktuelle Änderung sei „ein weiterer Versuch der Landesregierung, die verkorkste Grundsteuerreform zu retten“. Dabei bestehe der Geburtsfehler darin, sich rein am Bodenwert zu orientieren. Viele Eigentümer hätten massive Ängste, einige fürchteten, ihr Eigentum zu verlieren. Fischer warf der Regierung vor, 2020 ein halbgares Gesetz eingebracht und dies mit Scheuklappen durch den Landtag gejagt zu haben. Ein „großes Fragezeichen und viele Ausrufezeichen“ setze bei der Frage, ob diese Reform wirklich aufkommensneutral sei.
Rainer Podeswa (AfD) setzte den Reigen der Kritiker fort. Die Tatsache, dass nun erneut Änderungen erforderlich seien, kommentierte er mit den Worten: „Dieses Gesetz ist ganz offensichtlich Murks.“ Die Kritik veranschaulichte er an drei Beispielen: Die türkische Einwandererfamilie in ihrer 65-Quadratmeter-Wohnung in Heilbronn werde in Zukunft genauso viel Steuer zahlen wie der leitende Angestellte mit seinen 120 Quadratmetern im Stadtteil Böckingen. Und besonders günstig komme Thomas Strobl (CDU) mit seiner Penthouse-Wohnung weg. Der in Heilbronn lebende Innenminister könne mit 80 Prozent Steuersenkung rechnen. Und all dies nur, weil die Grundstücksflächen in den vergangenen Jahrzehnten immer kleiner wurden.