Grün-Rot beschließt zeitlich verzögerte Besoldungserhöhungen
Stuttgart. Gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP haben Grüne und SPD mit ihrer Mehrheit am Donnerstag im Landtag das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Baden-Württemberg in zweiter Lesung verabschiedet.
Die Erhöhung der Besoldung um 1,9 Prozent, die sich an der Tarifeinigung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes orientiert, erfolgt aber nur für die Anwärter und bis zur Besoldungsgruppe A 9 inhalts- und zeitgleich. Für die Besoldungsgruppen A 10 und A 11 werden die Bezüge zum 1. Juli erhöht, für die übrigen Besoldungen zum 1. November 2015. Auch in einem zweiten Schritt wird die lineare Erhöhung um 2,1 Prozent gestaffelt zum 1. März, zum 1. Juli und zum 1. November 2016 übernommen.
Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) bezeichnete das Gesetz als „fairen Kompromiss“. Das Land trage nicht nur Verantwortung als Dienstherr, sondern für alle Bürger. Die maßvolle und sozial gestaffelte zeitliche verzögerte Anpassung der Besoldung bedeute für die Beamten keine Abkopplung von der Einkommensentwicklung, sondern lediglich eine Verschiebung, argumentierte Schmid. Gleichzeitig dankte er den Landesbediensteten für ihre „hervorragende Arbeit“. Den Änderungsantrag der CDU auf zeitgleiche Übertragung der Besoldungserhöhung, wie dies von Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen praktiziert wird, lehnte der SPD-Minister ab. Er müsse auch die Finanzierung und die Nachhaltigkeit im Blick haben.
Klaus Herrmann: Schlechter Tag für Beamte
Die CDU-Fraktion lehnte diese Argumentation ab. „Heute ist ein schlechter Tag für die Beamten“, sagte Klaus Herrmann. Zum wiederholten Mal würde Grün-Rot die Beamten „einseitig belasten“ durch die bis zu acht Monate dauernde Verzögerung, erklärte der CDU-Finanzexperte. Im Gegensatz zu Grün-Rot habe die CDU die Beamten stets „fair und korrekt behandelt“. Grün-Rot aber habe fünfmal von den Beamten Sonderopfer verlangt. Trotz deutlich steigender Einnahmen belaste das Land die Beamten einseitig, kritisierte Herrmann. Im Hinblick auf die Landtagswahl 2016 sagte der CDU-Abgeordnete, wer Grün wähle, müsse damit rechnen, dass den Beamten weitere Einbußen drohen.
Wie die CDU lehnte auch die FDP das Gesetz ab. „Sie sparen bei den Beamten und beim öffentlichen Dienst, für grüne Klientel-Interessen aber haben sie genügend Geld“, monierte Hans-Ulrich Rülke. Eine zeitgleiche Besoldungserhöhung wäre für den FDP-Fraktionschef „ein Gebot des Anstands“ gewesen. Im Haushalt seien dafür auch genügend Reserven vorhanden. So aber sei das Gesetz unausgewogen und einseitig in seinen Belastungen und entspreche nicht dem von Grün-Rot selbst formulierten Anspruch einer nachhaltigen und generationengerechten Haushalts- und Finanzpolitik. Rülke kritisierte auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der auf seine Gesprächsresistenz gegenüber dem Beamtenbund „auch noch stolz“ sei. Der Liberalen-Chef verwies außerdem auf die Ablehnung des Städtetages, der in der Besoldungsverschiebung eine „Schmälerung des öffentlichen Dienstes“ und die Gefahr sieht, dass „der Einsatzfreude der Leistungsträger in den Verwaltungen nachhaltig geschadet wird“.
Maier: Land bezahlt gut im Vergleich mit anderen Bundesländern
Positiv bewerteten hingegen Muhterem Aras (Grüne) und Klaus Maier (SPD) die Besoldungsregelung. Alle Beamten würden von der Besoldungserhöhung profitieren, sagte Aras und würden nicht von der Einkommensentwicklung abgekoppelt. Die zeitliche Verschiebung von vier bis acht Monaten sei vertretbar. „Das Land bezahlt gut im Vergleich mit anderen Bundesländern“, sagte Maier. Die zeitlich verzögerte Anpassung sei rechtlich richtig und eine Sparmaßnahme. Maier verwies auf die von Grün-Rot „deutlich verbesserte Personalsituation“ in verschiedenen Bereichen (Steuerverwaltung, Schulen, Polizei), auf das für 2016 geplante Jobticket für Landesbedienstete, bessere Besoldungsstrukturen sowie neue Beförderungsmöglichkeiten.
Die Anpassung führt in diesem Jahr zu Personalmehrausgaben beim Land von 71,5 Millionen Euro und im kommenden Jahr von 335,9 Millionen Euro und werden im Rahmen der haushaltsrechtlichen Ermächtigungen finanziert. 2017 betragen die Mehrkosten 543,6 Millionen Euro. Auf die Kommunen kommen Mehrkosten von 11,1 Millionen (2015), 52,1 Millionen (2016) und 84,3 Millionen Euro (2017) zu.