Gesetzentwurf zu neuem SWR-Rundfunkstaatsvertrag ist heftig umstritten
Stuttgart. Die grün-rote Landesregierung hat den Gesetzentwurf für einen neuen Rundfunk-Staatsvertrag in den Landtag eingebracht. Bei der heftig geführten Debatte warfen CDU und FDP der Landesregierung vor, insbesondere über die Neubesetzung des Rundfunkrats Klientelpolitik zu betreiben.
Staatsministerin Silke Krebs (Grüne), die dem Parlament die Eckpunkte des Gesetzentwurfs vorstellte, legte indes großen Wert auf die Feststellung, dass das gesamte Novellierungsverfahren des Rundfunkstaatsvertrags von Anfang an transparent und öffentlich gemacht worden sei. „Es wurden viele Gruppen eingebunden, und es wurden Rückmeldungen aufgegriffen“, sagte Krebs. Sie zeigte sich zugleich überzeugt, dass das neue Gesetz auch dem zu erwartenden Spruch des Bundesverfassungsgerichts über die erforderliche Staatsferne im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerecht werde. Auch in der neuen Aufstellung bleibe der SWR bei aller Modernisierung und Flexibilisierung der Strukturen ein regional verankerter Sender. „Es werden alle drei Standorte erhalten, und es erfolgt keine Schwächung eines Standortes“, sagte Krebs. „Aber wir haben den SWR jetzt als einen Sender aufgestellt.“ Es seien jetzt Strukturen verändert worden, die sich aus der damaligen Senderverschmelzung von SWF und SDR ergeben hätten.
Krebs: "Konkurrenz um Frequenzen stärkt das Medienangebot im Land"
Als Eckpunkte der Novellierung nannte Krebs die gemeinsam gefundene neue Quotierungsregelung in den Gremien, einen freieren Organisationsrahmen für den SWR selbst, die Stärkung der Mitarbeiterrechte, die Einführung eines Redaktionsstatuts, die Anpassung der Gremienbesetzung und damit den Rückzug der Landesregierung aus dem Rundfunkrat sowie eine klarere Trennung der Aufgaben von Rundfunkrat und Verwaltungsrat. „Ich glaube, wir haben insgesamt ein gutes Gleichgewicht zwischen Veränderung und Kontinuität gefunden, aber auch Flexibilisierung und mehr Modernität eingebracht“, sagte die Staatsministerin. Zudem werde mit der gleichzeitig geplanten Verlängerung der Vergabe der UKW-Frequenzen an private Anbieter von acht auf zehn Jahren einerseits der Medienstandort Baden-Württemberg gestärkt. Dies erleichtere die Planung für private Anbieter. Bewusst habe man sich allerdings gegen eine Verlängerungsoption für die Vergabe entschieden; die dadurch entstehende Konkurrenz um die Frequenzen stärke das Medienangebot im Land.
„Kropfunnötig“ nannte dagegen Günther-Martin Pauli von der CDU-Fraktion die Aufblähung des Verwaltungsrats um 20 Prozent sowie die Einführung eines Redaktionsstatus. So ein Konstrukt könne nicht schön geredet werden. „Wir begrüßen die Flexibilisierung der Organisation und die Transparenz der Strukturen“, sagte Pauli, „dies ist nötig , um den Sender fortzuentwickeln.“ Wäre es dabei geblieben, so Pauli, hätte auch die CDU-Fraktion „den Ball ins Tor kicken“ können. Stattdessen aber käme mit dem neuen Staatsvertrag mehr Bürokratie daher und mehr Gefälligkeitsentscheidungen. „Mit diesem Sand im Getriebe können wir den SWR nicht für die Zukunft fit machen“, sagte Pauli. Die Chance, den übergroßen Rundfunkrat zu verkleinern, sei vertan worden. Pauli kritisierte zudem scharf eine „grün-rote Einfärbung“ und „Klientelpolitik“ bei der Nachbesetzung frei werdender Rundfunkratsposten. „Hier wird die Nachhaltigkeit übertrieben“, sagte Pauli.
Goll: "Vertrag beinhaltet einen schwer erkennbaren Fortschritt"
Auch Ulrich Goll signalisierte, dass sich die FDP-Fratkion mit dem Gesetzentwurf schwer tut. „Ich kann dem Vertrag wenig abgewinnen, er beinhaltet einen schwer erkennbaren Fortschritt“, sagte Goll. Neue Flexibilität werde gleichzeitig wieder durch neue Mitsrprachregelungen eingeschränkt. Auch Goll warf der Landesregierung vor, Klientelpolitik zu betreiben. „Alle, die aus dem Rundfunkrat ausscheiden, stehen Ihnen fern, und alle, die dazukommen, stehen Ihnen nah“, sagte Goll an die Adresse von Grün-Rot. „Wir haben keine Lust, in die Haftung für diese Neuregelungen zu gehen. Die Neigung, zuzustimmen, ist bei uns nicht groß“, sagte Goll für seine Fraktion.
Dagegen warfen Alexander Salomon (Grüne) und Sascha Binder (SPD) den Oppositionsparteien vor, den in den langen Vorverhandlungen gefundenen Konsens unnötig wieder aufzubrechen und der Diskussion eine unnötige Schärfe zu verleihen. „In unserem Land hat sich viel verändert in den letzten Jahren, wir haben alle gesellschaftlich relevanten Gruppen dazu geholt“, sagte Salomon. „Aus unserer Sicht ist es inhaltlich ein gutes Gesetz.“ Auch Binder wies die Kritik an der geplanten Vergabe der Rundfunkratsposten zurück. „Es geht hier nicht um Grün-Rot, sondern um die Frage, welche gesellschaftlichen Gruppen es verdient haben, eine Stimme zu bekommen.“