Debatten im Landtag vom 13. und 14. Juni 2018

Gegen den Umsatzsteuerbetrug beim Online-Handel

Stuttgart. Eine im Mai 2017 von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) und ihrem hessischen Kollegen gestartete Initiative zur Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug auf Online-Plattformen war am Donnerstag auf Antrag der Grünen Thema einer aktuellen Debatte im Landtag. Aufgrund des Vorstoßes wird jetzt von der Bundesregierung ein Gesetz erarbeitet, das schon am 1. Januar 2019 in Kraft treten […]

Stuttgart. Eine im Mai 2017 von Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) und ihrem hessischen Kollegen gestartete Initiative zur Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug auf Online-Plattformen war am Donnerstag auf Antrag der Grünen Thema einer aktuellen Debatte im Landtag. Aufgrund des Vorstoßes wird jetzt von der Bundesregierung ein Gesetz erarbeitet, das schon am 1. Januar 2019 in Kraft treten soll. Danach werden beim Onlinehandel Betreiber von Internetplattformen in Haftung genommen, wenn Händler bei ihnen in Deutschland nicht registriert sind und deshalb keine Mehrwertsteuer abführen.  
„Mit diesem Umsatzsteuerbetrug muss Schluss sein“, betonte Sitzmann. Es geht dabei um beträchtliche Summen. Fachleute gehen davon aus, dass am Umsatzsteuerbetrug rund 6.000 Händler vor allem aus China beteiligt sind. Thekla Walker (Grüne) wies darauf hin, dass das Volumen des Onlinehandels 2017 gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent auf fast 60 Milliarden Euro gewachsen ist. „Jeder achte Euro im Einzelhandel wird im Internet ausgegeben“, betonte die Politikerin, die Auswüchse eines „digitalen Turbokapitalismus“ sieht.
Nach Ansicht von Walker muss auch im Internet Steuergerechtigkeit herrschen. Immerhin mache die Umsatzsteuer ein Drittel der Steuereinnahmen aus. Den Ausfall durch den Steuerbetrug bezifferte sie auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Der Preisvorteil von 19 Prozent verzerre den Wettbewerb gegenüber Einzelhändlern aus Deutschland, die auch zunehmend digitale Vertriebswege suchen würden.
Steuergerechtigkeit bezeichnete Walker als „grundlegendes Prinzip unserer Marktwirtschaft“. Sie rief dazu auf, das „Steuerrecht fit zu machen für die globale Welt“. Die marktwirtschaftliche Ordnung müsse gegen „Wettbewerbsverzerrung und Betrug“ geschützt werden. Deshalb müssten neben die nationalen auch europäische Regelungen treten. Diese seien schon in Arbeit, ergänzte Sitzmann, würden aber erst ab dem Jahr 2021 greifen.
Claus Paal begrüßte für die CDU-Fraktion den Vorstoß. „Wir wissen längst, dass der deutsche Staat im Internet ausgetrickst wird“. Er habe das Gefühl, „dass wir der rasenden Entwicklung im Internet hinterherhinken“. Das neue Gesetz gegen Onlinebetrug sieht er auch als einen Beitrag zum „Schutz unserer Innenstädte“, wo immer mehr Einzelhändler aufgeben wegen der Konkurrenz im Internet.
Peter Hofelich (SPD) bezeichnete ebenfalls eine europäische Regelung als Ergänzung des nationalen Gesetzes als wünschenswert. Er sieht eine unselige Vermischung von technischem Fortschritt und üblen Modellen, die an den Frühkapitalismus erinnern.
Gerhard Aden (FDP) betonte, dass auch die Liberalen die Initiative unterstützten. Immerhin erhalten die Kommunen von den 166 Milliarden Umsatzsteuer 44 Prozent. Er nannte Schätzungen, wonach der Steuerausfall durch den Onlinebetrug heruntergerechnet auf Baden-Württemberg rund 60 Millionen Euro betrage. Aber auch für ihn beseitigt der Vorstoß nicht das Grundproblem, weshalb ein europäisches Konzept notwendig sei.
Die AfD nutzte die Debatte für eine grundlegende Kritik an der EU, die auch die Steuerverlagerung großer Ketten ermögliche, aber das Kaffeehaus an der Ecke nicht schütze, so ihre Abgeordnete Carola Wolle. Ursache allen Übels sei das Abgeben von Kompetenzen an die EU, wodurch regionale Unternehmen vernichtet würden. Diese würden auf „dem Altar pseudoreligiöser Eurofantasien geopfert“, so Wolle.
Gegen solche Vorwürfe verwahrte sich Sitzmann ausdrücklich: „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa“. In der EU werde auch ein Konzept gegen die Steuerverlagerung erarbeitet. Erik Schweickert (FDP) forderte weitergehende Regelungen zum Schutz kleiner Onlinehändler und ein Vorgehen gegen das ausufernde Abmahnwesen.

Quelle/Autor: Rainer Lang

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13. und 14. Juni 2018