Gall bringt Entwurf des Personalvertretungsgesetzes ins Parlament ein
Stuttgart. Die grün-rote Landesregierung feiert es als gelungenes Werk, die Opposition befürchtet eher einen finanziellen Bumerang: Mit gemischten Gefühlen reagierten die Abgeordneten des Landtags am Donnerstag auf den Gesetzentwurf zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, den Innenminister Reinhold Gall (SPD) ins Parlament einbrachte.
Dabei rechtfertigte Gall in erster Lesung seinen Entwurf als „gut gelungen“; er berücksichtige ausgewogen die Interessen der Beschäftigten sowie der Arbeitgeber und der Gewerkschaften und führe zu mehr Mitsprache von Personalräten in der öffentlichen Verwaltung. Nach „20 Jahren Stillstand“ bringe die Landesregierung die Personalvertretung „auf Augenhöhe“ mit anderen Ländern und wappne für die Zukunft.
Gall erklärte, die Situation in der öffentlichen Verwaltung habe sich seit der letzten Novellierung des Personalvertretungsgesetzes im Jahr 1995 „tief greifende Veränderungen“ erfahren. Deshalb müsse das Gesetz auf die Höhe der Zeit gebracht werden. „Wir brauchen eine starke Personalvertretung mit umfassenden Rechten“, begründete der Minister die Vorlage. Grundlage bleibe das bewährte Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit.
Aufwand für die verwaltung kann nicht näher beziffert werden
Zu den Kosten des neuen Gesetzes machte Gall keine konkreten Aussagen. Der Ausbau der Informations- und die Einführung neuer Beteiligungsrechte, die Verbreiterung des Initiativrechts, eine Abhaltung außerordentlicher Personalversammlungen in der Dienstzeit, die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses und die Anpassung des Beschäftigtenbegriffs könne zu einem nicht näher bezifferbaren Verwaltungsaufwand führen, heißt es im Entwurf. Finanzielle Auswirkungen könnten auch die höheren Personalratsgrößen sowie die Erhöhung der Freistellungsstaffel haben. Die Dienststellen des Landes sollen nach dem Willen der Regierung „im Hinblick auf die Konsolidierung des Haushalts einen etwa entstehenden Mehraufwand mit den vorhandenen personellen und sachlichen Mitteln tragen“.
Diese unklare Finanzierung nahm die Opposition als Steilvorlage gerne auf. Nachdem bereits der Städtetag angesichts enormer Mehrkosten für die Kommen heftig gegen die Pläne protestiert hatte, befürchtet auch Thomas Blenke (CDU) steigende Personalkosten wegen zusätzlicher Freistellungen von Personalräten. Die kommunalen Verbände gingen von Mehrkosten in Höhe von 16 Millionen Euro aus, die durch das Gesetz entstehenden Kosten seien nicht gegenfinanziert. Er gehe wegen der Freistellungen von notwendig werdenden 500 Neustellen in der Landesverwaltung aus, sagte Blenke. Die CDU-Fraktion sieht sich unterstützt von Beamtenbund und anderen ablehnenden Stellungnahmen bei der Befragung von Verbänden und Organisationen. Die Landesregierung lobe sich für die angeblich breit angelegte Beteiligung, dabei hätten zwei Minister der Grünen im Kabinett dem Entwurf nicht zugestimmt und Ministerpräsident Winfried Kretschmann poche auf „Kostenneutralität“, stellte Blenke fest.
Lucha: "Es ist ein gut geglückter Kompromiss herausgekommen"
Manfred Lucha (Grüne) wies dies zurück. Es sei mit allen relevanten Gruppen gesprochen worden und nun ein "gut geglückter" Kompromiss herausgekommen. Das bisherige Landespersonalvertretungsgesetz sei das schlechtes im Bundesvergleich und Baden-Württemberg das Schlusslicht gewesen. Zur Kostenfrage sagte Lucha, alle Hochrechnungen seien „spekulativ“. Er lobte die Bestimmungen zur besseren Freistellung der Personalräte. Dies sei auch deshalb notwendig, da der öffentliche Dienst immer mehr „ein femininer Arbeitsbereich“ werde.
Nikolas Sakellariou (SPD) sprach von einem „Grundsatzwerk“. Aufgrund der Beteiligung der Betroffenen seien 1000 Änderungsvorschläge ins Eckpunktepapier eingeflossen. „Frühzeitiger ist Beteiligung nicht machbar“, sagte er. Die Instrumente der Vertretung müssten an die Veränderungen der vergangenen 20 Jahre angepasst werden, wobei dies aufgrund der Vielfalt nicht einfach sei; schließlich müssten Künstler und Lehrer, Psychiatrien und Kreissparkassen unter einen Hut gebracht werden.
Goll: "Grün-Rot hat die Interessen der Gewerkschaften verwirklicht"
Für Ulrich Goll (FDP) ist der Entwurf ein Beispiel dafür, „wie weit Ansichten auseinander gehen können“. Das Landespersonalvertretungsgesetz reihe sich ein in Vorhaben dieser Landesregierung, die von drei Kriterien bestimmt seien: In der Sache kaum begründbar, ideologisch geprägt und teuer. Er kritisierte, Grün-Rot habe im Entwurf die Interessen der Gewerkschaften und nicht der Belegschaft verwirklicht. Die notwendig werdenden Neustellen – 400 bis 500 beim Land, 200 bis 300 bei den Kommunen – seien mit den Gesetzen der Logik und der politischen Redlichkeit nicht vereinbar und verhöhne den Sparwillen. Goll prophezeit dem Gesetz einen „höchst zweifelhaften Erfolg“.
Nun müssen die Landtagsausschlüsse Finanzen und Wirtschaft sowie Inneres den Entwurf beraten.