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Fraktionen im Landtag für bessere Stellung der dualen Ausbildung
STUTTGART. Nach Corona, dem russischen Angriffskrieg und der Inflation ist der Fachkräftemangel das größte Problem im Land, stellt Staatssekretär Patrick Rapp (CDU) bei der Debatte zum Stellenwert der dualen Ausbildung fest. Wer heute eine Ausbildung mache, sei „die gefragte Fachkraft von morgen“. Einen Grund dafür sieht er in den Auswirkungen der Pandemie, in deren Verlauf weniger habe für Handwerk und Mittelstand geworben werden können. „Aber das allein genügt nicht“, sagt Rapp. Die betriebliche Ausbildung habe ein „Imageproblem“, auch weil zu oft reflexartig nach Akademisierung gerufen werde.
Für die CDU strich der handwerkpolitische Sprecher Thomas Dörflinger heraus, dass seine Fraktion an der Seite der Ausbildungsbetriebe stehe und deren Leistung honoriere. Zugleich beklagte er, dass im März rund 65.000 offenen Ausbildungsplätzen nur 37.000 Bewerber gegenüberstanden. Viel zu lange sei gepredigt worden, „dass nur Abitur und akademische Titel was wert sind“. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von 2,2 Prozent im Land habe praktisch jeder Jugendliche mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung eine Beschäftigungsgarantie.
„Unterirdische Bewerbungen“
Hans Dieter Scheerer (FDP) stimmte zu, weil zu lange zu wenig für die duale Ausbildung und Handwerksberufe geworben worden sei. Er bilde selber in seiner Kanzlei aus, erläuterte der Rechtsanwalt und schlug den Bogen zur Bildungspolitik: Die Bewerbungen fielen inzwischen „unterirdisch“ aus, kein einziges Schreiben sei ohne Rechtschreibfehler: „Ausbildungsreif war diesmal niemand.“
Er hoffe, konterte der SPD-Abgeordnete Stefan Fulst-Blei, dass die Eltern der Jugendlichen und die Jugendlichen selber diese Rede nicht gehört hätten – es gebe viele Unterstützungsmöglichkeiten beim Thema Ausbildungsreife. Selbstverständlich sage er als Berufschullehrer, dass die duale Berufsausbildung eine zentrale Grundlage unserer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte ist. Es gebe aber sehr viele große Baustellen, dass das auch so bleibe, von der Bezahlung bis zum Image, die die Landesregierung vernachlässige.
Martina Häusler (Grüne) verwies auch auf ihren eigenen beruflichen Werdegang. Bevor sie 2021 in den Landtag gewählt worden sei, habe sie 30 Jahre lang in den Bereichen Arbeit, Jugend und Bildung gearbeitet. 1984 sei ein Bewerber oder eine Bewerberin auf 0,95 Ausbildungsstellen gekommen. Heute betrage die Relation bundesweit 1,67. Die Gründe seien vielfältig und alle relevanten Akteure, die Schulen, schon die Kitas, Unternehmen, Verbände, außerschulische Bildungs- und Beschäftigungsträger, Arbeitsagenturen und Jobcenter jetzt gefragt.
Gleichstellung gegenüber dem Studium
Nach Ansicht der AfD-Fraktion müsste die betriebliche Ausbildung dem Studium gleichgestellt werden, etwa in Fragen der Versicherung oder der Unterbringung an Berufsschulstandorten. Hans-Peter Hörner verlangt nach Wohnheimen nicht nur für Studenten und beklagte, dass nur hundert neue Stellen an Berufsschulen geschaffen würden.
Rapp verwies darauf, dass mit zahlreichen Projekten für die Ausbildung geworben werde und viele Handwerksberufe in die heutige Zeit passten. „Wir wollen Baden-Württemberg zum Vorreiter in Umwelt- und im Klimaschutz machen“, sagte der Staatsekretär. Deshalb seien „sehr ambitionierte Ziele“ formuliert worden, bei deren Umsetzung „Handwerksbetriebe die Treiber sind“. Junge Menschen, die aktiv werden wollten in der Energiewende und gegen die Erderwärmung, „sind in einem Handwerksbetrieb sicher nicht an der falschen Stelle und haben eine glänzende Karriere vor sich“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer