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FDP: Wirtschaft braucht verbindliche Zusagen beim Thema Wasserstoff
STUTTGART. Die Unternehmen in Baden-Württemberg stellen sich derzeit für die Klimawende auf, machte Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) in der aktuellen Debatte an diesem Mittwoch im Landtag deutlich. Bereits vor zwei Wochen hatte der Sprecher der Task Force Wasserstoff beim Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag, Jan Stefan Roell, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur von der Landesregierung mehr Tempo und Klarheit beim Thema Wasserstoff gefordert. „Unternehmen müssen Sicherheit haben, dass er dann in einer Menge verfügbar ist, wenn er gebraucht wird“, sagte Roell. Das Angebot müsse vor der Nachfrage da sein.
Die FDP hat deshalb in der von denen Grünen beantragten Debatte vorgeschlagen, zunächst einen Markt und eine Nachfrage im Land zu schaffen. Die Wirtschaft brauche jetzt verbindliche Zusagen und Abnahmegarantien, um in den Wasserstoffwirtschaft einzusteigen, machte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke deutlich.
Energiepartnerschaften mit Förderländern notwendig
Zudem forderte er die Landesregierung auf, sich für tragfähige Energiepartnerschaften mit geeigneten Förderländern einsetzen und in den Aufbau einer zukunftsfähigen Infrastruktur zu investieren, „mit der Wasserstoff unsere Unternehmen und unsere Automobilindustrie ebenso zeitnah erreichen kann wie die unzähligen privaten Haushalte, die gegenwärtig schon am Gasnetz hängen“.
Auch Gernot Gruber (SPD) hob auf die Bedeutung von Erdgas für den Übergang hervor, dem zunehmend mehr Wasserstoff beigemischt werden könnte. Ab 2026 sei ein Wasserstoffgehalt von 30 Prozent im Erdgas vorgesehen. Politisches Ziel müsse es sein, den Bau neuer Gaskraftwerke zu fördern. Denn Wasserstoff werde so schnell noch nicht in benötigter Menge zur Verfügung stehen.
Potenziale des blauen Wasserstoffs aus Erdgas
Notwendig für die Klimaneutralität, die Baden-Württemberg bis 2040 erreichen will, ist grüner Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Doch Rülke fehlten in der Wasserstoff-Roadmap des Landes auch die Potenziale des blauen Wasserstoffs. Dieser wird aus Erdgas gewonnen. Das bei der Produktion anfallende CO2 wird aber zu einem großen Teil aufgefangen und in geologischen Formationen eingelagert.
Jutta Niemann (Grüne) betonte angesichts der großen Mengen erneuerbaren Stroms, die zur Erzeugung von grünem Wasserstoff notwendig sind, dass der Wasserstoff vor allem dort eingesetzt werden sollte, wo eine Elektrifizierung nicht möglich sei. Etwa in der Industrie, im Flugverkehr und im Schwerlastverkehr. Zugleich forderte sie eine integrierte Netzplanung, also eine gemeinsame Planung von Gas, Wärme, Strom und Wasserstoffnetzen. Auch die Ende Januar vorgestellte Netzstudie der Deutschen Energie-Agentur empfiehlt dies. Wichtig ist Niemann auch ein Zertifizierungssystem: „Wo grüner Wasserstoff drauf steht muss auch grüner Wasserstoff drin sein“, sagte sie.
Aufbau von Wasserstoffinfrastruktur gefordert
„Wir müssen künftig grünen Wasserstoff in einem Ausmaß importieren wie heute Öl, Gas und Kohle“, sagte Raimund Haser für die CDU. Nach einer Studie im Auftrag der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg sind bis zum Jahr 2040 jährlich rund 47 Terawattstunden Wasserstoff aus erneuerbaren Energien notwendig. Dieser Strom muss zusätzlich bereitgestellt werden. Haser sieht weniger die Technologie als vielmehr die Verfügbarkeit der notwendigen Wasserstoffmengen als Problem. Sorgen bereitet ihm auch, dass der Anschluss von Baden-Württemberg an das EU-Wasserstoffnetz erst für das Jahr 2035 geplant ist. Denn damit dauere es weiter Jahre, bis der Wasserstoff im gesamten Land verfügbar sei. Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur sei deshalb besonders wichtig. Zugleich gelte es, das bestehende Gasnetz zu ertüchtigen und neue Leitungen zu bauen, die in Qualität und Größe dem Endausbau standhalten.
Umweltministerin Walker machte deutlich, dass es wichtig sei, dass Baden-Württemberg nicht allein über Norddeutschland an die Wasserstoffversorgung angebunden werde, sondern auch über Pipelines aus Frankreich und der Schweiz. Zudem verwies sie auf die Förderung für Wasserstoffprojekte, die das Ziel haben, von der Forschung in die industrielle Serienfertigung zu kommen. Laut einer Studie könnten im Bereich Wasserstoff bis 2030 rund 16 000 Arbeitsplätze neu entstehen und weitere etwa im Bereich des Maschinenbaus und der Automobilindustrie gesichert werden. In zwei Modellregionen werde nun auch die gesamte Wertschöpfung von der Erzeugung bis zur Anwendung erprobt.
Uwe Hellstern (AfD) hingegen warnte, dass weder Gasleitungen noch Gaskraftwerke mit reinem Wasserstoff arbeiten könnten. Auch mit Blick auf die Kosten bezeichnete er den Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“.