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FDP will Grundschulempfehlung wieder einführen: Vorstoß scheitert erneut
Stuttgart. Die FDP-Landtagsfraktion ist wie bereits in der vergangenen Legislaturperiode mit ihrem Vorstoß gescheitert, die Grundschulempfehlung wieder für verbindlich zu erklären. Grüne, CDU und SPD stimmten gegen den Gesetzentwurf. Nach den Vorstellungen der Liberalen sollte er „Fehlentwicklungen entgegenwirken, höchstmögliche Bildungsgerechtigkeit gewährleisten und Baden-Württemberg eine Rückkehr auf Spitzenplätze im Bundesländervergleich ermöglichen“.
Timm Kern (FDP), der selber Gymnasiallehrer war, nannte es „eine Ursünde“, dass Grüne und SPD die Verbindlichkeit abgeschafft hatten. Katrin Steinhülb-Joos, ebenfalls Pädagogin und früher Schulleiterin in Stuttgart, hielt mit dem Hinweis auf ein Handy aus dem Jahr 2000 oder mit einem Auto von vor 30 Jahren dagegen, die heute auch niemand mehr wolle: „Sie aber glauben, dass eine Schule von vorgestern auf morgen vorbereiten kann.“
Grüne erinnern an Pisa-Schock
Thomas Poreski (Grüne) bot einen Faktencheck an und erinnerte an den Pisa-Schock von 2002, als die Grundschulempfehlung noch verbindlich war. Außerdem verwies er auf aktuelle Aufsteiger in Bildungsvergleichsstudien, die allesamt dem Elternwillen einen hohen Stellenwert einräumten. Die FDP hingegen rede einer Bevormundung das Wort, die „anmaßend, unsinnig und liberal“ sei, denn: „Bildung von gestern können wir uns nicht leisten.“
Für die CDU-Fraktion erkannte Alexander Becker immerhin an, dass die FDP ein wichtiges Thema aufgegriffen habe, weil die Übergänge von der einen in die nächste Schule oft entscheidend für den weiteren Bildungserfolg seien. „Wir teilen die Problem-Analyse“, so der Rastatter Abgeordnete, „nicht aber den Lösungsweg.“ Notwendig sei ein „Dreischritt“ aus Beratung und Empfehlung, dem Elternwillen sowie dem Vorgehen in der weiterführende Schule samt der Möglichkeit, Kindern einen Test abzuverlangen.
Kern konterte unter anderem mit dem Hinweis auf einen „beispiellosen Bildungsabsturz“ im Land, den erst kürzlich der Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft belegt habe. Dort lande Baden-Württemberg im Dynamikranking der Bundesländer auf dem 16. und damit dem letzten 16. Platz.
AfD fordert kleinere Klassen
Hans-Peter Hörner (AfD) schlug den Bogen zum Stalinismus, zur Bibel und zur Landesverfassung, die jedem jungen Menschen die beste Bildung in Aussicht stelle. Große Mehrheiten der Lehrkräfte, aber auch der Vertreter von Bildungsverbänden seien für eine Wiedereinführung der Verbindlichkeit. Solche Zahlen seien „ein Schlag ins Gesicht grüner und roter Sozialarchitekten“, die aus Gründen des Machterhalts für ein Absenken von Bildungsstandards seien. Hörner verlangte „kleinere und homogene Klassen“ sowie die Aufwertung handwerklicher Berufe.
Auch Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) zitierte die Landesverfassung, die den Eltern an erster Stelle eine wichtige Rolle in der Erziehungspartnerschaft zuschreibe. Und das sei einer der Gründe gewesen, die Verbindlichkeit abzuschaffen. Denn damit sei das Elternrecht gestärkt worden, und Eltern würden sich dieses Recht auch nicht mehr nehmen lassen. Außerdem warf sie den Befürwortern einer neuen Verbindlichkeit vor, „völlig zu negieren“, wie groß der Druck in der Grundschule sei, wenn der Elternwille ignoriert werde. Sie empfinde es als „komisch“, wie gerade in der FDP Liberalität an diesem Punkt nicht zum Tragen komme, und plädierte für eine sachlichen Debatte, zu der aber Begriffe wie Ursünde nicht passten. Natürlich müsse es eine umfassende Beratung geben, „und das haben wir auch kontinuierlich im Blick in Baden-Württemberg“.