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Debatten im Landtag vom 25. Januar 2023

FDP: „Die Situation an den Schulen im Land ist zum Heulen“

Die Gemeinschaftsschulen werden finanziell privilegiert, so die FDP. Dies sei die Ursache für das schlechte Abschneiden im IGB-Bildungstrend. Die Fraktion bekam für diese Einschätzung Gegenwind.

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion sieht die Ursache der „beklagenswerten Resultate“ im jüngsten IQB-Bildungstrend im massiven Umbau des Schulsystems.

dpa/ Frank Rumpenhorst)

STUTTGART. Die FDP stellt der Bildungspolitik im Land ein miserables Zeugnis aus. „Die Situation an den Schulen im Land ist zum Heulen“, sagte Timm Kern. Die Resultate im jüngsten IGB-Bildungstrend seien beklagenswert. Kern sieht die Ursache im massiven Umbau des Schulsystems, in welchem die Gemeinschaftsschule finanziell privilegiert sei. Davor habe die FDP immer gewarnt.

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) will nichts beschönigen, hält die Vorwürfe der Liberalen jedoch für verfehlt. Sie betonte, dass Gemeinschaftsschulen nicht bevorzugt würden.

Laut Schopper sollen die Probleme „auf der Grundlage von systematisch erhobenen Daten mit der sozialindexbasierten Zuweisung von Ressourcen sowie mit multiprofessionellen Teams“ gezielt angegangen werden. Sie wies außerdem darauf hin, dass ihr oberstes Ziel sei, die bestehende Kluft zwischen familiärer Herkunft und Bildungserfolg zu schließen.

Kardinalfehler bei der Grundschulempfehlung

Dass ihr dies gelingen kann, bezweifelte Kern in der von der FDP beantragten Stellungnahme des Ministeriums zur „Sicherstellung der Bildungsgerechtigkeit im baden-württembergischen Schulsystem“. Als Kardinalfehler sieht Kern die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung sowie die Konzentration auf ein Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasium und Gemeinschaftsschule. Bei Leistungsvergleichen mit Haupt- und Realschulen schneiden laut Kern Gemeinschaftsschulen deutlich schlechter ab. Für die FDP ist deshalb die Weiterentwicklung von Haupt- und Realschulen ein Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit.

Kern sieht „deprimierende Fakten“ als Konsequenz einer „völlig vermurksten Bildungspolitik“. An Grundschulen würden 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht den Mindeststandard beim Lesen und Zuhören erreichen. An 250 Schulen würden Direktorinnen und Direktoren fehlen und nur kümmerliche zwölf Prozent würden angeben, über schulpsychologische Betreuung zu verfügen. Kern forderte im Laufe der nächsten zwei Monate eine Regierungserklärung zur Bildungspolitik. Dabei solle der Ministerpräsident erläutern, mit welchen Maßnahmen er die Situation verbessern wolle.

„Ideologische Engstirnigkeit“

Thomas Poresiki (Grüne) konterte mit dem Hinweis, dass die FDP an „ideologischer Engstirnigkeit kaum zu übertreffen“ sei. Die Ansicht, dass eine striktere Auslese der Kinder nach Klasse vier gerechter sei, stehe im Gegensatz zur nationalen und internationalen Bildungsforschung.

Auch Alexander Becker (CDU) setzt auf Qualitätssicherung aufgrund von gesicherten Daten. Im Rahmen einer kontinuierlichen Lernstandserhebung plädiert er für standardisierte Tests. Er räumte jedoch ein, dass die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung ein Fehler gewesen sei.

Kritik an der FDP übte auch die SPD. Katrin Steinhülb-Joos hielt der „bildungspolitisch verkrusteten FDP“ eine Reihe von Irrtümern vor. Weder seien Grundschulempfehlungen verlässlich, noch könne Sitzenbleiben in der Orientierungsstufe hilfreich sein. Auch homogenere Gruppen sind ihrer Ansicht nach nicht erfolgreicher. „Die SPD will Unterschiede ausgleichen statt abzugrenzen“, fügte sie hinzu. Sie forderte ein Konzept gegen den Mangel an Lehrkräften und eine gerechtere Bezahlung.

Rainer Balzer (AfD) wandte sich demgegenüber entschieden gegen die Abschaffung der Grundschulempfehlung sowie die Einführung der Gemeinschaftsschule. Aus der früheren Verbindlichkeit sei Beliebigkeit geworden, die das Schulsystem zersetze, so Balzer.

Quelle/Autor: Rainer Lang

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25. Januar 2023