Debatten im Landtag vom 30. und 31. Januar 2012

Debatte um Gemeinschaftsschule: „Sie zündeln ohne zündende Ideen“

Stuttgart. Unter dem Titel „Gemeinschaftsschule ohne Mehrheit – Bad Saulgau ist überall“ hatte die CDU an diesem Donnerstag eine aktuelle Debatte um die Gemeinschaftsschule beantragt. „Wenn die Skeptiker ihre Argumente vorbringen können, hat die Gemeinschaftsschule keine Chance“, zeigte sich der Abgeordnete Georg Wacker (CDU) überzeugt. „Sie zündeln ohne zündende Ideen“, konterte Stefan Fulst-Blei (SPD).  Beim Bürgerentscheid in […]

Stuttgart. Unter dem Titel „Gemeinschaftsschule ohne Mehrheit – Bad Saulgau ist überall“ hatte die CDU an diesem Donnerstag eine aktuelle Debatte um die Gemeinschaftsschule beantragt. „Wenn die Skeptiker ihre Argumente vorbringen können, hat die Gemeinschaftsschule keine Chance“, zeigte sich der Abgeordnete Georg Wacker (CDU) überzeugt. „Sie zündeln ohne zündende Ideen“, konterte Stefan Fulst-Blei (SPD). 
Beim Bürgerentscheid in Bad Saulgau in diesem Monat hatten sich von den 31 Prozent Wahlberechtigten, die zur Abstimmung gingen, zwei Drittel gegen die Gemeinschaftsschule ausgesprochen. Das notwendige Quorum wurde damit nicht erreicht. Für Wacker zeigt dies, dass es der Grün-Rot nicht gelungen sei, offene Fragen nach Lehrplänen oder Lehrerausbildung zu beantworten. Er forderte von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) zunächst „eine vernünftige regionale Schulentwicklung zu machen“, bevor weitere Gemeinschaftsschulen genehmigt werden. Die nächsten Schulen sollen am kommenden Montag benannt werden.
Auch warf Wacker der Landesregierung vor, dass die Kommunen, wenn sie ihren Schulstandort erhalten wollten, vielfach keine andere Wahl hätten, als sich für eine Gemeinschaftsschule zu entscheiden. Er bezeichnete dies als „glatte Erpressung“, die nichts mit kommunaler Schulentwicklung zu tun habe. „Die Gemeinschaftsschule ist mit zahlreichen Privilegien ausgestattet“, unterstützte Timm Kern (FDP), die Kritik der CDU an der neuen Schulart. Andere Schularten bekämen diese nicht.

Boser: Angebot, dass vor Ort geprüft wird

„Die Gemeinschaftsschule ist ein Angebot, dass vor Ort geprüft wird. Dazu wird niemand erpresst oder gezwungen“, reagierte Sandra Boser (Grüne). Die Anträge zeigten hingegen, dass das Angebot eine hohe Akzeptanz habe. Viele Gemeinschaftsschulen erhielten mehr Anmeldungen, als sie überhaupt aufnehmen könnten. Auch Gymnasialkinder fänden verstärkt den Weg an die Gemeinschaftsschule. „Das Angebot wird von vielen gewünscht“, sagte Boser.
Die Bildungspolitikerin machte auch deutlich, dass Grün-Rot damit eine Antwort auf den demografischen Wandel gebe, die es den Kommunen ermögliche, ihren Schulstandort zu erhalten und verschiedene Abschlüsse anzubieten. Der Opposition warf sie vor, auf die Herausforderungen der Zukunft stets bloß mit einem „Weiter so“ reagiert zu haben. Auch komme man mit der Gemeinschaftsschule den Forderungen zahlreicher Eltern, Lehrer und Schüler nach längerem gemeinsamem Lernen entgegen.

Mentrup: Bad Saulgau ist nicht überall

Stefan Fulst-Blei (SPD) sagte, dass jede Gemeinschaftsschule das pädagogische Angebot vor Ort bereichern werde. Er warf der CDU vor, bloß „dagegen zu mobilisieren“. Selbst die CDU-Basis vor Ort distanziere sich bereits von der Landespolitik ihrer Partei, sagte er mit Hinweis auf einen Beitrag aus den Weinheimer Nachrichten, aus Wackers eigenem Wahlkreis. 
Auch Kultusstaatssekretär Frank Mentrup (SPD) stellte in Anspielung auf den von der CDU gewählten Debattentitel klar: „Bad Saulgau ist einmalig und nicht überall im Land.“ Es gebe viele Gegenbeispiele.  Er wies Wacker darauf hin, dass der Bürgerentscheid gescheitert sei, ob ihm das nun passe oder nicht. Auch sei die Gemeinschaftsschule nicht als „flächendeckende Zwangsbeglückung“ eingeführt worden, sondern vielmehr sei eine Möglichkeit geschaffen worden, diese vor Ort einzuführen. Wenn die Opposition der Landesregierung nun vorwerfe, dass im Hauruck-Verfahren Gemeinderatsentscheidungen durchgeführt würden, dann kritisiere sie damit auch die kommunale Entscheidungshoheit. „Sie gehen in einer sehr diffamierenden Art mit Mehrheitsentscheidungen der Gemeinderäte und Diskussionen vor Ort um", warf Mentrup der Opposition vor. Er forderte sie auf, ihren „Schulkampf“ fallen zu lassen. Es ginge nicht um ein ideologisches Überstülpen, sondern um eine Repräsentation von Vielfalt. 

Quelle/Autor: schl

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30. und 31. Januar 2012