CDU zweifelt, ob an Gemeinschaftsschulen ein gymnasiales Niveau erreicht werden kann
Stuttgart. Die CDU-Fraktion hat erhebliche Zweifel, ob an den von der Landesregierung eingeführten Gemeinschaftsschulen ein echtes gymnasiales Niveau unterrichtet werden kann. Grün-Rot werbe für den Weg zum Abitur über die Gemeinschaftsschule, dabei seien die Voraussetzungen dafür überhaupt noch nicht gegeben, kritisierte Volker Schebesta (CDU) am Donnerstag im Landtag.
Damit gefährde man den in Baden-Württemberg bisher erfolgreich praktizierten Weg zum Abitur über die Realschulen und die beruflichen Gymnasien. Schebesta warf den Regierungsfraktionen vor, mit dem forcierten Schulwahlverhalten für die Gemeinschaftsschule diesen bewährten Weg „kaputt machen“ zu wollen.
Schebesta verwies auf die Übergangsquoten von Schülern mit gymnasialer Grundschulempfehlung, die an den Gemeinschaftsschulen von zwölf auf inzwischen neun Prozent gesunken sei. Außerdem fehle es den Gemeinschaftsschulen an erfahrenen Lehrkräften mit gymnasialer Lehrbefähigung; das Ministerium stelle dort ein Drittel Berufseinsteiger an.
FDP: Zweifel sind angebracht
Auch Timm Kern (FDP) sieht große Schwierigkeiten, um über die Gemeinschaftsschule zum Abitur zu kommen. Generell sei die FDP kein Gegner der neuen Schulart. Aber die Gemeinschaftsschulen seien ohne Bildungsplan und Lehrerfortbildung eingeführt worden, kritisierte Kern. Grün-Rot habe zwar versprochen, dass dort alle Abschlüsse möglich seien. Doch um überhaupt die Reifeprüfung ablegen zu können, müssen aus seiner Sicht am Ende von Klasse 10 mindestens 60 Schüler mit gymnasialer Qualifikation vorhanden sein. Dazu seien zwischen 150 und 180 Schüler in den Eingangsklassen notwendig. In den 271 Gemeinschaftsschulen im Südwesten seien diese Zahlen jedoch nicht erricht. Deshalb sind für Kern „Zweifel angebracht“. Er forderte Grün-Rot auf, den Eltern „reinen Wein einzuschenken“.
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) wies dies zurück. Die Opposition rede die Schulart schlecht und verunsichere die Eltern; dabei habe die CDU kein eigenes Konzept. Durch die 271 Gemeinschaftsschulen seien weiterführende Standorte auch im ländlichen Raum gewährleistet. Stoch betonte, auch die Gemeinschaftsschulen hätten Anspruch auf gymnasiales Niveau; selbst wenn nur ein Kind gymnasiale Fähigkeiten habe, soll es die Lehrinhalte bekommen. „An Gemeinschaftsschulen kann das erweiterte Niveau unterrichtet werden“, urteilte der Minister. Im neuen Schuljahr würden 237 Lehrer mit gymnasialer Lehrbefähigung dafür sorgen.
Grüne: Gemeinschaftsschulen sind richtiges Signal
Den Vorwurf, Grün-Rot vernachlässige die Real- und beruflichen Schulen, wies Stoch zurück. Auch künftig werde an Realschulen mittleres Bildungsniveau vermittelt. Und fast jeder Bewerber (91 Prozent) bekomme inzwischen einen Platz in den beruflichen Gymnasien; zu CDU-Regierungszeiten seien dies nur knapp 70 Prozent gewesen.
Unterstützt wurde der Kultusminister aus den Regierungsfraktionen. Die Gemeinschaftsschule sei das „richtige Signal“ für die Förderungsmöglichkeiten von Schülern, sagte Sandra Boser (Grüne). Grün-Rot spiele keine Schulen gegeneinander aus, beteuerte sie. Zwar sei die Gemeinschaftsschule „längst in der Fläche angekommen“, aber die Schulträger würden entscheiden, ob sie diese Schulart wollten. Mit der Gemeinschaftsschule hole man die Kinder für einen bestmöglichen Bildungsabschluss ab. Gerhard Kleinböck (SPD) pflichtete ihr bei. Sehr wohl könne an Gemeinschaftsschulen („ein brillanter Baustein“) das gymnasiale Niveau erreicht werden. Der Oberstudiendirektor aus Ladenburg brach auch eine Lanze für die Realschule: Sie seien die „geborenen Gemeinschaftsschulen“.