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CDU stimmt gegen eigenen Beschluss, damit die AfD nicht zum Mehrheitsbeschaffer wird
STUTTGART. Am Ende stand ein Ordnungsruf, den der CDU-Fraktionsvorsitzende Manuel Hagel „mit Überzeugung“ entgegennahm. Dafür, dass er die AfD als „Partei von Antisemiten, Nazis und Rassisten“ bezeichnet hatte. Und damit begründet hatte, warum die CDU nicht für einen Antrag stimmen könne, dem sie hätte zustimmen müssen, wenn es ausschließlich um die Sache gegangen wäre.
Schließlich hatte die CDU-Fraktion bei ihrer Herbstklausur 2022 nahezu dasselbe beschlossen – nämlich, dass staatliche Stellen keine Gendersternchen verwenden sollen. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich, was die Schulen angeht, kürzlich ähnlich geäußert.
Hagel ging FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke direkt an: „Für einen kurzfristigen politischen Geländegewinn, für zehn Minuten Spott und Häme über unseren Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und meine CDU-Fraktion nehmen Sie einen politischen Dammbruch in Kauf.“ Die AfD dürfe nicht zum Mehrheitsbeschaffer werden.
Für den FDP-Antrag, öffentliche Einrichtungen auf die Empfehlungen des Rats der deutschen Rechtschreibung, also den Verzicht auf Sonderzeichen zu verpflichten, stimmten am Mittwoch im Landtag 33 Abgeordnete von FDP und AfD. Die anderen drei Fraktionen und damit 106 Abgeordnete stimmten dagegen, auch wenn sich ihre Reden zuvor deutlich unterschieden.
Hagel: „Mir persönlich ist das wie Spitzgras.“
So bezeichnete Alexander Becker (CDU) die Entscheidung des Rates, besagte Sonderzeichen nicht in das amtliche Regelwerk aufzunehmen, als richtig. „Wenn Sprache verbinden soll, muss sie für alle verständlich sein.“ Es gebe viele Gründe, eine zur Formel erstarrte Sprache zu meiden. „Keiner davon hat mit einer vermeintlichen Herrschaft alter weißer Männer zu tun.“
Auch Hagel machte, bevor er zu seinem Angriff auf die FDP ausholte, deutlich, dass er vom Gendern wenig hält: „Sie wissen, mir persönlich ist das wie Spitzgras.“
Auf einmal schien die Sitzordnung im Landtag wieder Sinn zu machen. Rechts die Koalition der Bewahrer, links die Koalition der Erneuerer, auch wenn das Land in Wirklichkeit von einer grün-schwarzen Koalition regiert wird. Vorneweg der ehemalige Grünen-Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand, der dafür plädierte, sich dem Thema „mit weniger Aufregung und Polemik und dafür mit mehr Ernsthaftigkeit und Offenheit widmen“.
Gendersternchen, Doppelpunkt und Unterstrich „wollen sprachlich die Gleichstellung aller Menschen ausdrücken“. Hildenbrand mühte sich, gendergerecht zu formulieren, was ihm nicht immer gelang: Das Wort „Kritikerinnen“ etwa sprach er so schnell, das der Knacklaut in der Mitte nicht zu hören war.
An seiner Seite wusste Hildenbrand Dorothea Klicke-Behnke (SPD), die auf die große inhaltliche Nähe von CDU und FDP hinwies: „Den sprachlichen Wandel werden Sie mit Ihrem Antrag nicht aufhalten, weil Sie den gesellschaftlichen Wandel nicht aufhalten werden.“
Rülke verlangt namentliche Abstimmung
Dieser verwies wie Rainer Balzer (AfD) auf Umfragen, wonach die Mehrheit der Bürger das Gendern ablehne. Anschließend forderte Rülke eine namentliche Abstimmung, denn „die Stimme des Ministerpräsidenten haben wir schon mal sicher, die Stimme der CDU-Fraktion dann wohl auch“. Das Ergebnis belehrte ihn eines Besseren: Sowohl Kretschmann als auch die gesamte CDU stimmten mit Nein.