CDU im Landtag: Plädoyer für „die kleine Außenpolitik“
STUTTGART. Der Green Deal und die Beziehungen zur Schweiz, die Konferenz zur Zukunft Europas, die Situation der Flüchtlinge an der EU-Außengrenze zu Polen oder neue Baden-Württemberg-Büro in London: Zahlreiche Komplexe kamen im Bericht der Landesregierung an den Landtag über aktuelle politische Themen zur Sprache.
Der zuständige Staatssekretär Florian Hassler nutzte die Gelegenheit, um für die Konferenz zur Zukunft Europas zu werben, deren Arbeitsphase endlich laufe. „Es wird jetzt allerdings sehr darauf ankommen, dass die Plenarversammlung die Ergebnisse der Bürgerforen, die jetzt auch gestartet sind, aufnimmt“, so Hassler weiter. Er sei davon überzeugt, dass die Vorschläge aus den Bürgerforen im Land, im Bund, in Europa der Debatte jetzt auch neuen Schwung geben müssen, und dieser Schwung sei „unbedingt notwendig, denn dass das europäische Projekt kein Selbstläufer ist, und was passiert, wenn ein Land aus der EU ausscheidet, erleben wir gerade im Vereinigten Königreich: lange Schlangen vor den Tankstellen, leere Supermarktregale, Fachkräftemangel in wichtigen Bereichen des öffentlichen Lebens“.
„DEUTSCHLAND SOLL KLEINE AUSSENPOLITIK ERNST NEHMEN
Auch Willi Stächele, der frühere Finanzminister und europapolitische Sprecher der CDU-Fraktion, warnte vor Stillstand. Er hat das immer das Zitat von Delors vor Augen: „Europa ist wie ein Fahrrad, hält man es an, fällt es um. Ich möchte es sogar noch ergänzen: Wenn die Reifen kaputt sind, geht auch nichts mehr, die Reifen können zum Beispiel kaputtgehen, wenn die Werte in Europa nicht mehr stimmen oder wenn die Leute den Eindruck haben, Europa schafft es nicht mit seiner politischen Gestaltungskraft, schauen wir uns nur die Flüchtlingsdebatte an“. Stächele warb dafür, dass das Land „die kleine Außenpolitik“ ernst nehme. Er denke da an den Oberrhein oder an das Rahmenabkommen mit der Schweiz, das „wir natürlich nicht gestalten können, aber wir können in Gesprächen aber darauf drängen, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden“.
Für die SPD griff Sebastian Cuny das Flüchtlingsthema ebenfalls auf. Die Krise an der Außengrenze zu Belarus sei die größte humanitäre wie politische Herausforderung dieser Tage, der wir uns gemeinsam stellen müssen: „Wir brauchen endlich eine gemeinsame Migrationspolitik, ein gemeinsames Asylsystem, einheitliche Standards und vor allem ein faires Verfahren für den Umgang mit Geflüchteten, wir brauchen mehr Zusammenarbeit, mehr Miteinander und mehr gemeinschaftliche Verantwortung“.
Bernd Mettenleitner (Grüne) nannte als eines der wichtigsten Themen das Fit for 55-Paket der europäischen Kommission, das im Rahmen des European Green Deal in zwölf Rechtsakten die Umsetzung der Klimaziele der EU beschreibe. Und gerade diese Klimagesetzgebung habe „große Bedeutung für uns, denn sie setzt den nötigen Rahmen dafür, dass Baden-Württemberg seine ambitionierten Klimaziele erreichen kann“.
FDP WIRBT FÜR SYNTHETISCHE KRAFTSTOFFE
Deutlich unzufriedener mit der Europapolitik des Landes zeigte sich Alena Trauschel (FDP). Gerade im Zusammenhang mit Fit für 55 sei bemerkenswert, was nicht im Bericht der Regierung ans Parlament angesprochen sei. Green Deal. Auch hier sind die interessantesten Dinge in Ihrem Bericht, die, die nicht drinstehen. Auf einer halben Seite über die Gesprächsthemen von Staatssekretär Hassler stehe nicht ein Wort zur Wichtigkeit von synthetischen Kraftstoffen für den Standort Baden-Württemberg, also zu mittels erneuerbarer Energie klimaneutral hergestelltes Benzin, klimaneutral hergestellter Diesel und klimaneutral hergestelltes Kerosin: „Wenn Sie in Baden-Württemberg einen Strukturbruch durch den Wegfall von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen in der Automobil- und Zulieferindustrie verhindern und die Klimaziele im Verkehrssektor erreichen wollen, wird an synthetischen Kraftstoffen kein Weg vorbeiführen.“
Emil Sänze (AfD) kritisierte sowohl die Landesregierung als auch die EU fundamental, etwa in Fragen der Energiekrise, denn die sei von der EU „selbst verursacht durch die Verhinderung von langfristigen Lieferverträgen, durch Blockade von Nord Stream 2, durch unnötige Eskalation mit Russland mit der Folge gewaltiger Kosten für unsere Bürger“. Wenn es schlecht läuft, stehe sogar zu befürchten, dass mancher Ofen im Winter kalt bleibt. „Oder nehmen Sie die Migrationskrise“, so Sänze. Die sei verursacht „durch gigantische finanzielle Anreize für illegale Migranten, durch ungeschützte Außengrenzen und die Unfähigkeit, mit den Nachbarn der EU professionell und ergebnisorientiert zusammenzuarbeiten“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer