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CDU im Landtag bekennt sich zur Arbeitsmigration
STUTTGART. Sozialdemokraten, FDP und Grüne haben in einer Aktuellen Debatte zur Migrationspolitik einen sachliche und ernsthafte Auseinandersetzung mit den heiklen Fragen der Einwanderung angemahnt. Für die Liberalen kritisierte Hans Dieter Scherer vor allem Innenminister Thomas Strobl (CDU) scharf, weil der mit seiner „unsachlichen Kritik“ gezeigt habe, dass er „die Thematik offenbar nicht überblickt“. Das Weihnachtslied „Ihr Kinderlein kommet“ zu zitieren, um das Vorgehen der Ampelkoalition zu beschreiben, sei „geschmacklos“ gewesen und „unter Niveau“. SPD-Fraktionsvize Sascha Binder nannte als größtes Problem der CDU „das Trauma des Jahres 2015, weil sie seither nicht mehr klar denken kann“. Es gehe um „mehr Chancen und weniger Ideologie“.
Scherer beschrieb die aus Sicht der Liberalen falsche Politik der Landesregierung am Beispiel einer „gut integrierten somalischen Familie“, einer 30-jährigen Frau mit drei Kindern, die um halb drei Uhr nachts zur Abschiebung nach Polen abgeholt wurde, obwohl sie schon in drei Jahre in Deutschland gelebt, in Somalia Ökonomie studiert und einen Ausbildungsplatz in Aussicht hatte. „Gut integrierte Familien werden mit aller Härte abschoben“, so Scherer, „weil die nämlich leichter aufzufinden sind als die sich illegal aufhaltenden, teilweise auch straffällig gewordenen Ausländer.“ Binder beklagte, dass viel zu viele Menschen ihrer Chancen beraubt worden seien. Für die Äußerungen von Strobl, aber auch von CDU-Fraktionschef Manuel Hagel, schäme er sich.
Für die Grünen versprach Daniel Leda Abal die Umsetzung aller migrationspolitischen Erleichterungen aus dem Koalitionsvertrag mit der CDU. „Das haben wir da hineinverhandelt“, so der Tübinger Abgeordnete, und das werde jetzt umgesetzt, etwa zur in Fragen der Familienzusammenführung genauso wie zur Arbeit und der Herangehensweise dr Härtefallkommission. Von der Ampelkoalition in Berlin erhofft er sich wie die Redner von FDP und SPD das versprochene stimmige Zuwanderungsrecht und dass mehr Menschen reguläre Aufenthaltstitel erhalten. Abal lobte auch das Bekenntnis zum Spurwechsel, also der Möglichkeit, Asylbewerber nicht mehr nach dem Asyl-, sondern nach dem Einwanderungsrecht zu behandeln.
Die CDU bekräftigte erneut ihre Skepsis gegenüber diesem Spurwechsel. Ihr neuer Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek versprach dennoch pragmatische Lösungen, auch im Sinne der Wirtschaft im Land, die Fachkräfte suche. Weltweit seien 80 Millionen Menschen auf der Flucht, die Lage in Afghanistan und Syrien stelle weiterhin einen Motor für Fluchtbewegungen dar. Die „Zugänge“ über das Mittelmeer seien deutlich angestiegen und im Land bis Ende November 16.000 Flüchtlinge neu registriert worden, von denen rund 13.500 auch in Baden-Württemberg blieben. Ein Vergleich mit 2015 sei also nicht angebracht, weil damals 185.000 Menschen Aufnahme begehrt hätten. Für die CDU-Fraktion verbat sich Andreas Deuschle Ratschläge von der Ampelkoalition und vor allem von der FDP: „Wir gehen den Weg, den wir in Baden-Württemberg schon immer eingeschlagenen haben, dazu brauchen wir keine Nachhilfe aus Berlin.“
Nach Meinung der AfD stellt die Ampelkoalition „die neue wilde Migration als Chance dar“. Die bunte Seifenblasenrealität werde aber platzen, prognostizierte Ruben Rupp und sprach von einer „historischen Schreckensbilanz der Migration nach Deutschland“.
Quelle/Autor: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer