Bildungspolitik spaltet weiter den Landtag
Stuttgart. Die Bildungspolitik in Baden-Württemberg spaltet weiter den Landtag. In der von der CDU-Fraktion beantragten Aktuellen Debatte "Regionale Schulentwicklung sofort! Gegen ein grün-rotes Schulschließungsprogamm" prallten die gegensätzlichen Meinungen zum richtigen Schulsystem im Südwesten erneut aufeinander.
Der FDP-Abgeordnete Timm Kern warf Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) vor, sie betreibe „Wortakrobatik“, wolle eine „Misch-Masch-Schule“ mit „Stufenlehrern“ einführen und operiere mit einem „Nötigungskonzept für die Gemeinschaftsschule“. Auch Georg Wacker (CDU) kritisierte die Ministerin. „Die Gemeinschaftsschulen werden priviligiert, die anderen Schularten benachteiligt. Auch die Realschule findet nicht mehr statt bei Ihnen“, sagte der frühere Kultus-Staatssekretär.
Grün-Rot ließen die Vorwürfe kalt. Die CDU betreibe „Panikpolitik und Stimmungsmache"“ urteilte Stefan Fulst-Blei. Der SPD-Bildungsexperte drehte den Spieß um und sagte, der letzte Schulentwicklungsplan liege 40 Jahre zurück. „Sie haben zu lange herum gewurstelt“, hielt er der CDU vor. Für Grüne und SPD stehe die Qualitätssicherung an den Schulen im Mittelpunkt. Fulst-Blei attestierte der Gemeinschaftsschule eine realistische Zukunftschance. „Sie hilft, auch im ländlichen Raum Sekundarschule zu sein“, erklärte der Berufsschullehrer.
Sandra Boser (Grüne) berichtete, die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen stünden für ein Zwei-Säulen-Modell in der Bildungslandschaft, das aus Gymnasium und der integrativen Schule bestehen soll. „Unser Ziel ist es, mindestens die Hälfte der Schulstandort zu erhalten"“, sagte Boser und quittierte Unmut in der CDU-Fraktion mit der Feststellung: „Wenn man nichts tut, werden drei Viertel der Schulen geschlossen.“ Zwar drohe das Schulsterbe vor allem im ländlichen Raum, aber Grün-Rot wolle durch eine gute Bildungslandschaft erreichen, dass es weiterhin wohnortnahe und gerechte Bildung gebe. Der Opposition warf sie vor, während ihrer Regierungszeit und vor allem bei der Einführung der Werkrealschule keine Rahmenbedingungen für eine regionale Schulentwicklung geschaffen zu haben.
Für Georg Wacker (CDU) sorgt die Regierung mit ihren Veränderungen im Schulsektor für „große Unruhe“ im Land. Gerade der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung beschleunige das Schulsterben. Die zunehmende Zahl von Gymnasiasten belaste die Schulträger, das bestehende, erfolgreiche Schulystem in Baden-Württemberg werde zerschlagen. Kommunen, Lehrerverbände, Eltern und die Wirtschaft würden die regionale Schulentwicklungsplanung dringend erwarten, um eine Perspektive zu haben. Grün-Rot aber mache kleine Schulen kaputt und forciere bloß die Gemeinschaftsschule.
Auch Timm Kern sagte, für die Gemeinschaft sei der Regierung jedes Mittel recht, deshalb setze sie die Haupt- und Werkrealschulen unter Druck. Den bildungspolitischen Kurs nannte er „verheerend“, denn Grün-Rot schaffe vollendete Tatsachen und Fakten, bevor sie den regionalen Schulentwicklungsplan vorlege. Demgegenüber sieht die Ministerin die Gemeinschaftsschule als „großen Renner“. Sie sei ein Baustein, um im ländlichen Raum die Bildung zu sichern und jedem in gut erreichbarer Nähe den Bildungsabschluss zu ermöglichen, der angestrebt werde. „Die Gemeinschaftsschule ist ein Innovationsmotor und Qualitätssicherungsprogramm“, konstatierte Warminski-Leitheußer. Ihrer Einschätzung nach ist das dreigliedrige Schulsystem „der Totengräber des Schulsystems im Ländlichen Raum“. Als Grundvoraussetzung für die Einrichtung von Gemeinschaftsschulen nannte die Ministerin die Mindestzahl von 40 Schülern je Klassenstufe und die Zweizügigkeit.