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Finanzminister Bayaz will trotz Gaskrise kreative Lösungen suchen
STUTTGART. Wie sehr die Mitarbeiter des Finanzministeriums derzeit unter Druck stehen, zeigt eine Anekdote aus der Rede des Finanzministers: Seit anderthalb Jahren ist er im Amt, und das Team muss viele Überstunden an Abenden und Wochenenden machen. Denn der 39-jährige Grünen-Politiker ist bekannt dafür, kreative Lösungen zu ersinnen.
So diskutiert er in der neusten Folge seines Podcasts „Cäshflow“ im Dialog mit Achim Wambach, dem Präsidenten des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, über einen „intelligenten Gaspreisdeckel“. Im September hat er zusammen mit der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm einen ebensolchen vorgeschlagen: Damit die Haushalte weiter Gas sparen, soll nur die Grundversorgung gedeckelt werden. So ähnlich hat es jetzt auch die Gaskommission der Bundesregierung vorgeschlagen.
Mehr Stellen für Schulen, die Polizei und die Justiz
Kreative Lösungen also sind gefragt- und Spielraum dafür ist da. Das „Geschäftsmodell“ des Südwestens, wie er es nennt, funktioniert trotz Krise. Dennoch will der Minister einige Bereiche der Verwaltung stärken. Mit 700 neuen Lehrstellen etwa, 300 neuen Polizisten, 273 Stellen im Justizvollzug, Investitionen in die Digitalisierung. „Es ist ja kein Naturgesetz, dass erfolgreiche Unternehmen nach Baden-Württemberg kommen“, mahnt er. Dabei gehe es nicht darum, die Verwaltungsapparate aufzublähen, sondern die „öffentliche Daseinsvorsorge“ zu sichern.
Dazu zählt er auch den Breitbandausbau – was die Landräte am Montag auf ihrer Versammlung dringend angemahnt haben. Überhaupt – die Kommunen, sie will der Grünen-Politiker nicht aus dem Blick bewahren. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat am Dienstag bei der Verabschiedung von Gudrun Heute-Bluhm als geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetages versprochen, das viel beschworene Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, bezahlt auch“), wie er es sagte, im „Großen und Ganzen anzuwenden“. Was Heute-Bluhm in ihrer Rede auch prompt einforderte. Und der Gemeindetagspräsident Steffen Jager wird nicht müde zu erwähnen, dass die Kommunen mit den Lasten der Flüchtlingsunterbringung kämpfen.
Danyal Bayaz greift den Ball auf, verspricht hier höhere Geldmittel. Und spielt den Ball dann gleich weiter nach Berlin: „Wir können den Bund bei der fairen Verteilung der Lasten nicht aus seiner Verantwortung lassen.“ Es sind die üblichen Rituale, alle politischen Ebenen ringen um Geld. Daher ist es dem Minister wie den Kommunen wichtig, die Stimme hörbar zu erheben.
Zwei Dinge sind dem 39-Jährigen noch wichtig: Ein Puffer für weitere mögliche Entlastungspakete des Bundes, über die Kretschmann nächste Woche mit seinen Amtskollegen verhandelt – und die erfahrungsgemäß den Ländern viel abverlangen. Und er hat eine „Inflationsrücklage“ von einer Milliarde Euro gebildet, etwa um die 8000 Liegenschaften des Landes zu unterhalten: „Das klingt nach viel, aber bei einem Haushaltsvolumen von 121 Milliarden Euro kommt so ein Puffer auch schnell an seine Grenzen.“ Die Rücklage bei Risiken von 1,3 Milliarden Euro kommt noch obendrein.
Trotz Wirtschaftskrise soll es auch um Klimaschutz gehen
Gerade weil die Pandemie und der Ukrainekrieg drängen, will Bayaz einen zweiten Schwerpunkt setzen – der Bekämpfung der Klimakrise. Der Grünen-Politiker bekennt offen, dass die bisherige Gaspolitik mit Russland falsch war, aber er sagt auch: „Es war ein Fehler, die Energiewende über Jahre auszubremsen.“
Die Verfahren für neue Windanlagen sollen verkürzt werden, Bei Kohlendioxid-Einsparung und Phovoltaik-Ausbau bei Landesgebäuden will das Land neue Impulse setzen. „Über das Dringliche verlieren wir das Wichtige also nicht aus dem Blick“, sagt der Minister.
Auf der USA-Reise der Landesregierung hat er eine „pulsierende Gründerkultur, Top-Universitäten, Spitzenforschung und innovative Unternehmen“ beobachtet. Dies könnte eine Blaupause auch für Baden-Württemberg sein.
Bayaz zieht also die großen Linien und legt mit dem Etat politisches Programm in Zahlen vor. Am Ende dankt der Minister auch der Opposition – weil für eine stabile Demokratie immer beide Seiten Verantwortung tragen. Raum für Kreativität also? Im Podcast „Cäshflow“ sagt Bayaz, er wolle dem „Kapital eine Richtung“ geben, Stichwort nachhaltige Investitionen. Man darf gespannt sein.
Quelle/Autor: Rafael Binkowski