Debatten im Landtag vom 7. und 8. November 2018

AfD steht mit Kritik am Globalen Migrationspakt allein

Stuttgart. Die AfD-Fraktion im Landtag steht mit ihrer Kritik am Globalen Migrationspakt der Vereinten Nationen allein. In der von der größten Oppositionspartei beantragten aktuellen Debatte „Globaler Migrationspakt – Siedlungsrecht für alle in Baden-Württemberg“ zeichnete AfD-Fraktionschef Bernd Gögel ein düsteres Zukunftsbild, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Pakt im Dezember in Marokko unterzeichnet habe. „Baden-Württemberg wird […]

Stuttgart. Die AfD-Fraktion im Landtag steht mit ihrer Kritik am Globalen Migrationspakt der Vereinten Nationen allein. In der von der größten Oppositionspartei beantragten aktuellen Debatte „Globaler Migrationspakt – Siedlungsrecht für alle in Baden-Württemberg“ zeichnete AfD-Fraktionschef Bernd Gögel ein düsteres Zukunftsbild, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Pakt im Dezember in Marokko unterzeichnet habe.
„Baden-Württemberg wird dann als Magnet Ziel von Migranten sein“, sagte Gögel. Migranten aus allen Ländern würden in die Unterzeichnerstaaten kommen und direkt in die Sozialsysteme einwandern. Außerdem würden alle Migranten, die sich in einer prekären Situation wähnen, ihr Recht auf Einwanderung einklagen. Der Pakt, den Deutschland nicht unterzeichnen dürfe, laufe auf ein weltweit freies Siedlungsrecht in Baden-Württemberg hinaus, wo der Ausländeranteil an der Bevölkerung schon jetzt über 15 Prozent liege. Jeder habe durch den Pakt als „Arbeitsmigrant Anspruch auf Einwanderung“, unabhängig von seiner Qualifikation. Gögel forderte von der Landesregierung, eine Sondersitzung des Bundesrats „zur Rettung von Europa“ zu beantragen.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete die AfD-Haltung als „Schreckens-Szenario“ und plädierte für eine „sachliche Auseinandersetzung“. Beim Migrationspakt handele es um keinen Vertragstext, weshalb Bundestag und Bundesrat nicht eingebunden werden müssten. Der Minister hätte sich allerdings „gewünscht“, dass die Bundesregierung das Thema „pro-aktiver diskutiert“ hätte. Deshalb sei Kritik aus der Bevölkerung „verständlich“; die fehlende Diskussion über den Pakt habe zu Verunsicherungen in der Bevölkerung geführt und zu Verschwörungstheorien, wie bei der AfD. Strobl bestritt auch nicht, dass in dem Abkommen „eine politische Sprengkraft liegt“.

Strobl: Deutschland kann Migration selbst steuern

Man müsse den Pakt „nicht bejubeln“, er könne aus Sicht von Strobl aber den Migrationsdruck auf Deutschland als Hauptzielland verringern, zumal der Pakt zwischen legaler und illegaler Migration unterscheide. „Deutschland kann damit die Migration selbst steuern“, sagte der Minister. Unter Achtung der nationalen Souveränität könnten auch die Schleuserkriminalität und die Fluchtursachen durch Staatenkooperationen bekämpft werden. Gerade die Schlepperkriminalität sei eine globale Herausforderung. Strobl erwartet auch keine stärkere Zuwanderung in die Sozialsysteme; das Land sei bisher schon verpflichtet, das Existenzminimum von Migranten zu sichern.
Daniel Lede-Abal (Grüne) warf der AfD vor, den Migrationspakt „nicht gelesen und nicht verstanden“ zu haben. Baden-Württemberg brauche Migration, die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt würden bis 2030 weiter steigen. Es gehe um viele Arbeitskräfte, auch um gering Qualifizierte. Lede-Abal forderte von der Bundesregierung, endlich ein Einwanderungsgesetz vorzulegen. Es sei richtig, wenn dieser rechtliche Rahmen für Einwanderung von einem internationalen Abkommen wie dem Migrationspakt begleitet wird.

Rücknahmeverpflichtung geregelt

Der Pakt sorge für eine geordnete, gesteuerte Migration und öffne keinesfalls Tür und Tor für jeden, urteilte Siegfried Lorek (CDU). Es sei Aufgabe der Politik, der Migration einen Rahmen zu setzen. Der Pakt beinhalte kein allgemein gültiges Recht auf Migration und habe keine rechtlich zwingende Wirkung. Lorek sieht jedoch den Pakt als „sinnvolle Vereinbarung“ zum Grenzmanagement und gegen Schleuserkriminalität. Außerdem werde die Rücknahmeverpflichtung von Ländern für ihre Staatsangehörigen geregelt; deshalb sollen Migranten Identitätsausweise bekommen. Das Interesse Deutschlands überwiege die kritischen Punkte des Pakts.
Sabine Wölfle (SPD) warf der AfD Verschwörungstheorien vor. Sie reihe sich in die illustre Gesellschaft Gleichgesinnter wie den USA, Ungarn, Österreich und Polen ein. Der Pakt sei eine internationale Vereinbarung ohne völkerrechtliche Bindung oder Verpflichtung, die unterzeichnenden Staaten würden ihre Souveränität und ihr Recht auf selbstständige Gestaltung ihrer Migrationspolitik, beim Aufenthaltsrecht oder grenzpolitischen Fragen nicht verlieren. Es gehe um die Schaffung von legalen Wegen der Arbeitsmigration und um Menschenrechte.

FDP fordert echtes Einwanderungsgesetz mit Punktesystem

„Die AfD schießt sich hier selbst ins Knie“, sagte Erik Schweickert (FDP). Ein international abgestimmter Zielkatalog, wie mit der globalen Massenmigration umgegangen wird, sei deutsches Kerninteresse; würden doch gerade die Folgen ungesteuerter Migration beklagt. Wenn es einen Kritikpunkt am UN-Migrationspakt gebe, dann die oft fehlende sprachliche Trennung zwischen Zuwanderern und Flüchtlingen.
Als ärgerlich bezeichnete es der Liberale, dass diese Scheindebatte den Blick von wirklichen Aufgaben ablenke. „Ein echtes Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem, Rückführungsabkommen mit den Haupt-Herkunftsstaaten und zielgenaue Abschiebungen sind die Probleme, die zur Lösung anstehen – und nicht wolkige UN-Absichtserklärungen.“ Schweickert warf der Großen Koalition in Berlin und der Landesregierung hierbei Versagen vor.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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7. und 8. November 2018