Abgeordnete streiten über moderne Politik
Stuttgart. Wie sieht eine moderne Politik zum Wohl des Landes aus? Darüber haben die Abgeordneten des Landtags an diesem Mittwoch debattiert. Gegenseitig warfen sich die Redner dabei vor, Modernisierung zu verweigern und eine rückwärtsgewandte Politik zu betreiben. Abgeordnete von CDU und FDP unterstellten den Grünen eine grundsätzliche Verweigerungshaltung in wichtigen politischen Fragen. Dagegen betonte Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann, seine Partei sei für Alternativen immer offen.
Die Grünen hatten die aktuelle Debatte über moderne Politik beantragt. Doch was unter „modern“ und unter „zum Wohle“ zu verstehen ist, darüber gingen die Meinungen erwartungsgemäß heftig auseinander. Den Regierungsfraktionen lag vor allem daran, den im Stimmungshoch der Wähler befindlichen Grünen Regierungsunfähigkeit nachzuweisen. Christdemokraten und Liberale zogen insbesondere die aktuellen Konjunkturdaten fürs Land als Beweis heran, selbst eine „moderne Politik“ zu machen, die gut für die Zukunft Baden-Württembergs sei. Vorgehalten wurden der Ökopartei insbesondere deren Bundesparteibeschlüsse von Freiburg zur Sozialpolitik, deren Ablehnung neuer Hochspannungsleitungen sowie deren Nein zum Olympiastandort Bayern.
"Blinde Polemik": Grüne beklagen Kampagne
Kretschmann beklagte in seiner Eingangsrede eine „konzertierte Kampagne gegen uns“, von den übrigen Parteien generell als technikfeindlich und als Neinsagerpartei bloßgestellt zu werden. Dies sei „blinde Polemik“ und in der Sache unsinnig. „Für uns gibt es immer Alternativen“, betonte der Grünen-Fraktionschef: „Wir sind technologie-offen“.
Als Beispiel nannte er die konsequente Haltung seiner Partei gegen die Kernenergie und den „seit Jahren“ geforderten Ausbau regenerativer Energien, während die CDU nach wie vor den weiteren Ausbau der Windkraft vernachlässige. Gleiches gelte für das dreigliedrige Schulsystem aus den 1950er-Jahren, an dem die Regierung hartnäckig festhalte. Sie sei „nicht einmal in der Lage, Ganztagsschulen ins Gesetz zu schreiben“. Auch in der Frage um den Bau von Stuttgart 21 beließen es die Grünen nicht bei einem Ja oder Nein, sondern sie zeigten mit ihrem Kopfbahnhofkonzept „echte Alternativen“ auf.
Hauk: Grüne frönen einer Protestkultur
CDU-Fraktionschef Peter Hauk wiederum unterstellte den Grünen, keine Bürgerpartei zu sein und lediglich einer Protestkultur zu frönen. Vereins- und auch Kirchenarbeit werde von dieser Partei als altbacken abgelehnt – ebenso ein „aktives bürgerschaftliches Engagement“. Wenn es konkret werde, komme von den Grünen immer „ein Nein“. So lehne die Partei den Individualverkehr ab, ebenso den Flugverkehr und letztlich auch den Bahnverkehr, wie die Ablehnung von Stuttgart 21 zeige.
Modern ist für Hauk dagegen, „eine hochständige Industriekultur weiterzuentwickeln“ und keine Abbrüche zu fordern. Hauk sagte: „Ich will eine Aktionsgesellschaft, die sich in einer Sache dafür und nicht dagegen engagiert.“
SPD sieht Defizite der Regierung bei Infrastrukturpolitik
Bei der SPD konzentrierte man sich in der Debatte auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Auch Fraktionsvize Nils Schmid warf den Grünen vor, Verweigerer zu sein. Bei den Regierungsfraktionen sah er hingegen Defizite bei der Fortentwicklung der Infrastruktur, insbesondere der sozialen Infrastruktur. Die CDU interessiere sich zu wenig für das Allgemeinwohl. Das Gemeinwesen zu fördern, sei ebenso wichtig wie Stuttgart 21. Eine moderne Regierung sei offen und auf Augenhöhe mit den Bürgern.
Besonders heftig ging der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Hagen Kluck, auf die Grünen los. Wer wie die Grünen gegen alles sei, „populistische Stimmungsmache“ betreibe – und wie im Fall Stuttgart 21 – Demokratie und Rechtstaat gegenseitig ausspiele, „der ist nicht in der Lage, Wachstum und Wohlstand für dieses Land zu sichern“, so Kluck. Dazu war er der Partei „Sozialpopulismus“ vor, der die Gemeinschaft „dahin führt, wo Griechenland heute ist“.