Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Vier-Tage-Woche: Nachfrage in Mengen und Schorndorf ist gering
Mengen/Schorndorf. Etwas mehr als elf Prozent der Betriebe machen die Vier-Tage-Woche schon möglich und setzen sie um, zwei Prozent planen derzeit eine Einführung. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Randstad-Ifo-Personalleiter-Befragung , die Ende August veröffentlicht wurde. Aus Arbeitgebersicht überwiegen die Bedenken gegenüber der Vier-Tage-Woche. Nur 35 Prozent der Personaler sehen Vorteile aufgrund einer erhöhten Mitarbeiterbindung, 32 Prozent gehen von einer erhöhten Motivation der Mitarbeitenden aus.
Andererseits vermuten laut Studie 59 Prozent der Befragten, dass die Einführung mehr Personal erfordert. 52 Prozent unterstellen einen erhöhten Organisationsaufwand. 40 Prozent gehen von einem gesamtwirtschaftlichen Wohlstandsverlust aus. Das schwerwiegendste Argument führen 61 Prozent der Befragten an: Der ohnehin schon bestehende Fachkräftemangel würde verschärft.
Die Arbeitszeit wird im Mengener Modell nur anders verteilt
Dieses prinzipielle Argument führt auch Sabine Reger vom Hauptamt der Stadt Mengen an: „Mit Blick auf das Ausscheiden der Babyboomer zusätzlich zum schon vorhandenen Fachkräftemangel kann eine (weitere) Arbeitszeitverkürzung, sei es durch die Vier-Tage-Woche, sei es bei der Lebensarbeitszeit, keine Option sein.“ Für sie heißt das eigentliche Zauberwort: Flexibilisierung. Denn die Stadtverwaltung Mengen bietet seit Mai 2023 für die Mitarbeitenden eine Vier-Tage-Woche an – als freiwillige Regelung, der der Personalrat zugestimmt hat und die per Verfügung des Bürgermeisters in Kraft getreten ist.
Im Mengener Modell wurde auch nicht die Wochenarbeitszeit reduziert – was mit dem TVöD auch gar nicht ginge – sondern die Verteilung der Arbeitszeit anders gefasst. „Wir bieten nach Möglichkeit auf Wunsch eine konsequente Umsetzung an, das heißt die Verteilung der Sollarbeitszeit auf vier Tage à zehn Stunden“, so Reger. „Das bedeutet dann aber auch eine Umrechnung des Urlaubsanspruchs (24 statt 30 Tage) und wenig Flexibilität für die Beschäftigten.“
Es sei kaum verwunderlich, dass keiner das bisher so in Anspruch genommen habe. Beliebt ist dagegen die zweite Variante. Die Sollarbeitszeit verteilt sich weiter auf fünf Tage, „allerdings gibt es in der Verwaltung am Freitag keine Kernzeit mehr“, so Reger. Das Rathaus ist geschlossen. „Man kann sehr spontan und ohne Genehmigung oder Vertretungsabstimmung daheimbleiben oder im Homeoffice arbeiten.“ Bisher habe niemand Interesse angemeldet, jeden Freitag frei zunehmen, „aber die Kollegen und Kolleginnen schätzen zunehmend die Flexibilität“, sagt Reger.
In den Außenstellen – Bauhof, E-Werk, Kindergärten oder Bäder – sei das Modell nicht ganz so einfach umzusetzen. „Insgesamt ist es das Ziel und Vorgabe, allen Beschäftigten so weit wie möglich die Umstellung auf die Vier-Tage-Woche zu ermöglichen“, sagt Reger. Auch Beamte in Vollzeit könnten die 41 Stunden nicht vollständig auf vier Tage verteilen, sodass eine Fünf-Tage-Woche eingeschoben werden oder eine Reduzierung auf 40 Stunden mit Entgeltkürzung erfolgen müsste.
Das gewählte Arbeitszeitmodell soll zur Lebenssituation passen
In Schorndorf gibt es seit Anfang des Jahres die Möglichkeit der Vier-Tage-Woche – zu den schon weit über Hundert Teilzeitvarianten, die in der Stadtverwaltung umgesetzt werden. „Von 800 Beschäftigten haben aktuell zwei Vollzeitkräfte die Vier-Tage-Woche gewählt“, sagt Franziska Schott, Sachgebietsleitung Personalverwaltung. Denn es gibt ein entscheidendes Hemmnis: Bei einer Vier-Tage-Woche ist Mehrarbeit praktisch nicht mehr möglich. Einen freien Tag spontan nehmen oder verlegen? Auch da ist man gebunden. Vermutlich ist deshalb in Schorndorf die Nachfrage auch gering. Ziel sei, dass „das gewählte Arbeitszeitmodell zur Lebenssituation passt und sich anpassen kann“, sagt Schott. „Wir versuchen, viel zu ermöglichen.“ Ob nun innerhalb einer Vier-, Fünf- oder Sechs-Tage-Woche.
„Die Arbeitswelt hat sich verändert, Freizeit hat ein hohes Gewicht und die „alten“ Werte wie Loyalität, Pflichtbewusstsein, Zuverlässigkeit, Engagement zählen dagegen nicht mehr so viel“, sagt Reger. „Ob es uns gefällt oder nicht – angesichts des aktuellen Fachkräftemangels wird uns nichts übrigbleiben , als Arbeit immer ‚angenehmer‘ und ‚freizeitverträglicher‘ zu gestalten und bei Arbeitnehmern mit ‚weichen‘ Faktoren für uns zu werben.“