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Mitarbeiter helfen Kollegen durch das Pflegelabyrinth
Stuttgart. Es ist ein Fakt, der in der Arbeitswelt ankommt: Es gibt laut Zahlen des Statistischen Bundesamts Ende 2023 mehr Pflegebedürftige (5,7 Millionen) als Kinder unter drei Jahren (3,07 Millionen).
„Angesichts der demografischen Entwicklung und der steigenden Zahl pflegender Angehöriger hat unsere Verwaltung erkannt, dass die Herausforderung in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für unsere Mitarbeiter steigt“, sagt Heike Frank von der Pressestelle des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis.
Zahlen zu pflegenden Mitarbeitern gibt es nicht, aber die Unterstützungsangebote „würden stark nachgefragt“. Genaue Zahlen hat man auch beim Landratsamt Emmendingen nicht, dass es Thema ist, merke man, so Pressesprecher Markus Spitzmüller, weil dies „auch ein Grund für Arbeitszeitverkürzungen oder Stellenreduzierungen“ sei.
Unternehmen wollen Fehlzeiten vermeiden und Fachkräfte binden
Genau deshalb haben Arbeitgeber an der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ein ureigenes Interesse: „Fehlzeiten vermeiden und Fachkräfte binden“ seien die häufigsten Gründe, warum immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern dafür Lösungen anbieten. Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeit und Technik (IAT) an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen.
Das Bundesfamilienministerium unterstützt Arbeitgeber mit dem Leitfaden „Betriebliche Pflegelotsende erfolgreich einsetzen“ (siehe Kasten). Auch FamilyNet, die von baden-württembergischen Unternehmen getragene Initiative für familienbewusste Personalpolitik, bietet Basisseminare für „Betriebliche Pflegelotsen“ an, die auch von Arbeitgebern in der öffentlichen Verwaltung genutzt werden.
„Die Pflegelotsen sind Mitarbeiter aus dem Betrieb, vielleicht schon mit eigener Pflegeerfahrung, die für die Kollegen da sein wollen“, erklärt Heike Baumann, Fachberaterin bei FamilyNet. „Sie wissen, welchen Stress eine Pflegesituation bedeuten kann und übernehmen eine Lotsenfunktion.“ Sie kennen sich aus mit Anlaufstellen oder erläutern die gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen und welche Unterstützungsstrukturen vorhanden sind.
Im Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis gibt es keinen speziellen Pflegelotsen. „Der Schwarzwald-Baar-Kreis bietet für Mitarbeitende mit pflegebedürftigen Angehörigen mit dem Pflegestützpunkt eine zentrale Anlaufstelle“, sagt Frank. Außerdem biete man verschiedene Teilzeitoptionen und flexible Arbeitszeiten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu erleichtern. Einmal im Jahr wird ein internes Fortbildungsseminar „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“ angeboten. „Das Seminar ist regelmäßig ausgebucht“, sagt Frank.
Ähnlich handhabt es der Landkreis Emmendingen. „Wir haben keine Pflegelotsen, jedoch drei Beschäftige im Pflegestützpunkt, die wir bei Bedarf auch für Beratung oder Veranstaltungen intern in Anspruch nehmen“, sagt Spitzmüller. Auch hier gibt es interne Weiterbildungsseminare.
Die Stadt Stuttgart gestalte „die Personalentwicklung nach dem Lebensphasen-orientierten Prinzip“, so Pressesprecherin Frederike Myhsok, ein differenziertes Angebot zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf sei fester Bestandteil des Angebotsportfolios. Das Haupt- und Personalamt habe Serviceangebote entwickelt, um die Betroffenen zu unterstützen. „Mitarbeitende einer eigens installierten Pflegezeitberatung informieren individuell über die verschiedenen Möglichkeiten der Freistellung oder Arbeitszeitreduzierung zur Pflege naher Angehöriger.“
Es gibt ein Label, um die Mitarbeitenden zu unterstützen
Außerdem gebe es das Label „Zeit für Zuwendung“, um Mitarbeitende aktiv zu unterstützen, die pflegebedürftige Angehörige haben. Hier ist ein Rahmen geboten, „um gemeinsam über die Situation zu sprechen und eine individuelle Lösung für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu finden“, so Myhsok. Dazu gebe es eigens entwickelte Broschüren.
„Das Angebot zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“, so Myhsok, „wird zwischen Personalentwicklung, Personalverwaltung, der betrieblichen Sozialberatung und der Personalvertretung regelmäßig evaluiert und weiterentwickelt.“
Online-Broschüre
Das Bundesfamilienministerium fördert gemeinsam mit den Ländern betriebliche Pflegelotsen. Die speziell geschulten Mitarbeiter können Kollegen mit Pflegeverantwortung beraten und unterstützen. Dazu gibt es die Online-Broschüre „Betriebliche Pflegelotsende erfolgreich einsetzen – Ein praktischer Leitfaden“ mit Infos zur Einführung und Einbindung von Pflegelotsen in die Betriebsstruktur.
https://www.bmfsfj.de