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Gehaltsstudie: Juristen verdienen beim Staat viel weniger Geld
STUTTGART. Die Vergütungsanalyse zur Gehaltsentwicklung bei Juristen in der Privatwirtschaft und in Anwaltskanzleien entstand im Auftrag des Deutschen Richterbundes (DRB). Die Unternehmensberatung Kienbaum hatte für ihre Studie Daten aus insgesamt mehr als 3000 Unternehmen ausgewertet.
Demnach sollen Anwälte in einer Großkanzlei auf der ersten Karrierestufe im Schnitt 139 000 Euro pro Jahr verdienen, Juristen in Unternehmen erhalten 98 000 Euro jährlich. Wer hingegen beim öffentlichen Dienst als ledige Richterin oder als Staatsanwalt beginnt, erhält laut Richterbund im bundesweiten Durchschnitt nach einigen Jahren Berufserfahrung rund 60 000 Euro brutto im Jahr.
Schon vor einigen Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht dem Bericht zufolge in mehreren Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Berlin oder Sachsen die dortige Richterbesoldung als verfassungswidrig zu niedrig gerügt und im vergangenen Jahr hatte auch die Europäische Kommission eine bessere Bezahlung von Richtern in Deutschland verlangt.
Unterschied wird im weiteren Berufsleben noch größer
Laut Kienbaum werde der Geldunterschied im weiteren Berufsleben noch größer, da die Gehälter bei Anwälten und Unternehmensjuristen mit zunehmender Erfahrung und Verantwortung schneller steigen. Juristische Führungskräfte der ersten Ebene verdienen demnach heute im Mittelwert 201 000 Euro jährlich – 71 000 Euro mehr als vor 15 Jahren.
Und ein Seniorpartner in großen Anwaltskanzleien kommt den Angaben zufolge durchschnittlich inzwischen auf 385 000 Euro, beinahe doppelt so viel wie 15 Jahre zuvor.
Der DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte dem Handelsblatt: „Soll die Justiz konkurrenzfähig bleiben, muss der zaghafte Aufwärtstrend der vergangenen Jahre bei der Richterbesoldung deutlich beschleunigt werden.“ Laut dem Deutschen Richterbund liege das Einkommen eines Richters in der Besoldungsgruppe R2, Endstufe, selbst mit Zuschlägen für zwei Kinder weit unter den Vergütungen in der freien Wirtschaft. In Baden-Württemberg etwa lägen diese Vergütungen beispielsweise bei rund 103 000 Euro pro Jahr.
Ein Richter mit langjähriger Berufserfahrung verdient also im öffentlichen Dienst etwa die Hälfte einer juristischen Führungskraft in Unternehmen und kaum mehr als ein Viertel des mittleren Einkommens eines Seniorpartners in Großkanzleien. Für Rebehn belegt die Kienbaum-Studie deshalb „in aller Deutlichkeit, dass der Staat im Wettbewerb um die besten Köpfe zunehmend an Attraktivität verliert.“
Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
„Ich höre etwa von der Steuerverwaltung oder verschiedenen Landräten, dass es immer schwieriger wird, gute Juristen zu finden“, sagt Kai Rosenberger vom Beamtenbund Baden-Württemberg. „Damit diese Jobs im öffentlichen Dienst wieder attraktiver werden, muss es eine bessere Bezahlung geben“, sagt Rosenberger.
Außerdem müssten auch die Arbeitsbedingungen noch flexibler gestaltet werden. „Wir sind derzeit dabei, zum Januar 2024 das Lebensarbeitszeitkonto durchzusetzen“, so der baden-württembergische Beamtenbund-Chef – dann sollte von der vorgeschriebenen 41-Stunden-Woche wenigstens eine Stunde automatisch gutgeschrieben werden. Und auch generell müsse man die 41-Stunden-Woche überdenken, wenn man die Entwicklungen in anderen Branchen der Gesellschaft verfolge. Dennoch gebe es trotz der geringeren Bezahlung für Juristen im öffentlichen Dienst viele Vorteile, dort doch zu arbeiten.
„Wir haben immer mehr weibliche Juristen und das hängt auch damit zusammen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und flexible Arbeitszeiten möglich sind“, sagt Rosenberger. Und ergänzt, dass sich viele Rathauschefs sehr wohl Gedanken darüber machten, wie man die Attraktivität auch für Juristen steigern könnte. Schließlich verdiene man in der freien Wirtschaft zwar wesentlich besser, doch dort betragen im Gegensatz zum öffentlichen Dienst die Arbeitszeiten nicht selten mehr als zehn Stunden am Tag, so der Beamtenbundchef.