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Chancen und Herausforderungen der Teilzeitausbildung
Stuttgart. Bereits seit 2005 ist die Teilzeitausbildung gesetzlich verankert. Seit 2020 ist zudem grundsätzlich jede Person berechtigt, eine Teilzeitausbildung zu absolvieren. Ein berechtigtes Interesse, zum Beispiel aufgrund von Kindererziehung oder Pflege, muss seitdem nicht mehr nachgewiesen werden.
„Doch der Blick auf die Zahlen zeigt: Nach wie vor nutzen nur sehr wenige Menschen und Ausbildungsbetriebe das Angebot einer Teilzeitausbildung“, sagte Staatssekretärin Ute Leidig vor kurzem anlässlich einer Veranstaltung im Sozialministerium mit Gästen aus verschiedenen Unternehmen, Betrieben, Kammern, Arbeitsverwaltungen, Ministerien und verschiedenen Trägern.
Eine aktuelle Evaluation unterstreicht die Chancen, die in der Teilzeitausbildung liegen, und ebenso die Herausforderungen bei der Umsetzung. Schließlich wird diese durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) im Land gefördert.
Die Evaluation wurde vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) im Auftrag des ESF in Baden-Württemberg erstellt und zeigt die Entwicklung der Teilzeitausbildung über die Jahre: Im Jahr 2022 sind demnach im Land rund 66 000 neue Ausbildungsverträge geschlossen worden. Darunter waren aber nur 366 Teilzeitausbildungen, also nicht einmal ein Prozent aller Neuabschlüsse in Baden-Württemberg. Im Jahr 2008 lag die Zahl mit 162 Teilzeitausbildungen noch niedriger.
Fünf Projektverbünde unterstützen Menschen an 22 Standorten
Aktuell erhalten laut Ministeriumsangaben fünf Projektverbünde Fördermittel aus dem ESF Plus und dem Land, um Menschen an 22 Standorten bei der Aufnahme einer Teilzeitausbildung zu unterstützen.
Die Förderung läuft von 2022 bis 2025, der ESF Plus-Anteil liegt bei rund 4,7 Millionen Euro, die Landesmittel belaufen sich auf rund 1,2 Millionen Euro. Seit dem Jahr 2022 nahmen rund 700 Personen am ESF Plus-Förderprogramm teil. Seit 2014 sind es insgesamt rund 3000 Teilnehmer. Im Schnitt absolvierten rund 60 Prozent der Menschen nach der Maßnahme eine schulische oder berufliche Bildung oder haben einen Arbeitsplatz.
Da die Projekte wichtige Förderziele der Europäischen Union (EU) und des Landes vereinen wie zum Beispiel Zugang zu Weiterbildung und Beschäftigung, Fachkräftesicherung, Chancengerechtigkeit, Teilhabe und Armutsbekämpfung, habe das Förderprogramm Vorbildcharakter.
Im Fokus des Förderprogramms stehen Beratung und sozialpädagogische Begleitung von zumeist Alleinerziehenden und Pflegenden, die eine Teilzeitausbildung absolvieren möchten oder bereits in der Ausbildung sind. Fragen zur Kinderbetreuung, Berufsorientierung und zu Ausbildungsoptionen können mit den Projektmitarbeitern geklärt werden.
„Auch praktische Erfahrungen an unterschiedlichen Lernorten sind möglich“, so Ulrike Sammet, Geschäftsführerin des Netzwerks Teilzeitausbildung Baden-Württemberg. Diese Koordinierungsstelle gibt es auf Landesebene seit 2011, um das Thema zu bündeln und zu verstärken. Seit 2015 wird es vom Wirtschaftsministerium gefördert. Im Mittelpunkt des Engagements stehen Veranstaltungen für die Fachöffentlichkeit, Fortbildungen und Öffentlichkeitsarbeit.
„Mit Blick auf den Fachkräftemangel steht für mich fest, dass die Entwicklung der Teilzeitausbildung weitergehen muss“, so Sammet weiter. Das beinhalte auch Fragen, die außerhalb des direkten Einflussbereichs der ESF Plus-Förderung lägen, zum Beispiel Finanzierung, Kinderbetreuung, Spracherwerb, Anerkennung von Schul- und Studienabschlüssen sowie Berufsschulunterricht. „Vor allem muss die Teilzeitausbildung aber noch bekannter werden, bei den Menschen, in den Betrieben und Kammern“, betont Sammet.
Die aktuelle Förderperiode läuft noch bis zum Jahr 2027
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist den weiteren Angaben zufolge das wichtigste Finanzierungs- und Förderinstrument der EU für Investitionen in Menschen. Er zielt darauf ab, die Beschäftigungs- und Bildungschancen in der EU zu verbessern. Die aktuelle Förderperiode läuft von 2021 bis 2027 unter dem Programmnamen ESF Plus. Das Fördervolumen für Baden-Württemberg beträgt knapp 219 Millionen Euro.
Netzwerk Teilzeitausbildung Baden-Württemberg
Das Netzwerk Teilzeitausbildung Baden-Württemberg wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik Baden-Württemberg im Dezember 2011 gegründet. Zu den Mitgliedern zählen rund 125 verschiedene Einrichtungen und Organisationen wie Berufsbildungsträger, Jobcenter, Kammern, Agenturen für Arbeit, Kontakt- und Beratungsstellen, Verbände, Gewerkschaften, Behörden und Verwaltungen. Dieses breite Bündnis fördert und verbreitet die Umsetzung der Teilzeitausbildung auf Landesebene.