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Jobsharing-Modell

Doppelte Führung: „Die Chemie untereinander muss einfach stimmen“

Seit dem 1. Dezember 2023 teilen sich Caroline Wolf und Uta Fischer die Führung in der Klinik für Alterspsychiatrie ZfP Reichenau. Und schwärmen von dem Jobsharing-Modell, das viele Vorteile für die Mitarbeiter, das Unternehmen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bringt.

Die beiden Chefärztinnen Caroline Wolf (links) und Uta Fischer sind begeistert von dem gemeinsamen Führungsmodell in der Klinik für Alterspsychiatrie ZfP Reichenau – vor allem in puncto Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

ZfP Reichenau)

Konstanz. Die Erfolgsgeschichte begann, als sich Uta Fischer und Caroline Wolf am ZfP Reichenau kennenlernten. „Wir haben schon im ersten Jahr unserer Zusammenarbeit gemerkt, dass es persönlich und fachlich zwischen uns passt“, erzählt Fischer. Die damaligen Oberärztinnen in Teilzeit erkannten schnell das Potenzial von Jobsharing und konnten ihren Arbeitgeber von einem Team-Chefärztinnen-Modell überzeugen.

Caroline Wolf ist zu 80 Prozent angestellt, Uta Fischer zu 70 Prozent. Jeweils 50 Prozent davon sind für das Jobsharing als Führungskraft vorgesehen, beide haben Kinder im Alter zwischen zehn und zwanzig Jahren. „Für die Vereinbarung von Beruf und Familie ist das Modell ein großer Vorteil“, sagt Fischer.

Damit eine doppelte Führung auch gut funktioniert, „muss die Chemie untereinander einfach stimmen“, sagt Fischer. Und das war bei den beiden Frauen von Anfang an der Fall. Aber könnten das Männer auch machen? „Selbstverständlich“, betont die 50-Jährige. „Aber man muss sich gut kennen und zueinander passen.“ Ein solches Modell auszuschreiben und mit zwei sich nicht kennenden Personen auszuprobieren gehe nicht, „davon würde ich jedenfalls abraten“, ergänzt Fischer.

Verantwortung auf mehreren Schultern ist auch eine Entlastung

„Jobsharing ermöglicht, Verantwortung auf mehr als zwei Schultern zu tragen und organisatorische Aufgaben zu verteilen“, erklärt Caroline Wolf. Dies stelle nicht nur eine Entlastung dar, sondern gebe den Ärztinnen auch die Gelegenheit, ihr Potenzial zu entfalten und sich auf ihre jeweiligen Stärken zu konzentrieren.

Während Caroline Wolf ihren Fokus auf Ethik und Palliativmedizin richtet, liegt der Schwerpunkt von Fischer auf der somatisch-neurologischen Seite mit Elektrokonvulsionstherapie (EKT) und Gedächtnissprechstunde. So decken die beiden Chefärztinnen die komplette Bandbreite der Erkrankungen in der Alterspsychiatrie ab.

Ein Mehrwert ist auch die verbesserte Work-Life-Balance, betonen beide Frauen. Die gegenseitige Unterstützung und zuverlässige Vertretung im Führungsduo fördert Erholungs- und Entspannungsphasen. „Diesen Vorteil bemerken nicht nur wir, sondern auch unsere Familien“, so die 47-jährige Wolf. Ihr beruflicher Alltag ist nicht etwa so gestaltet, dass sich die beiden Frauen in der Führungsrolle tages- oder wochenweise abwechseln, sondern „wir sind beide immer ansprechbar“, sagt Fischer.

Nach Ansicht der Chefärztinnen profitieren von dem Jobsharing sowohl die Teammitglieder als auch das ZfP Reichenau als Arbeitgeber: von der doppelten Expertise und den unterschiedlichen Perspektiven. „Die Mitarbeitenden aller Bereiche schätzen es, dass immer eine Ansprechpartnerin der Klinikleitung anwesend ist und dass auch in Urlaubszeiten drängende Anliegen vorgetragen und geklärt werden können“, betont das Führungstandem. Der intensive Austausch miteinander gibt ihnen auch die Gelegenheit, noch stärker zu reflektieren, was zu besseren Ergebnissen und Entscheidungen führt. „Die Möglichkeit, Mitarbeitergespräche gemeinsam führen zu können und fachliche Fragen miteinander zu diskutieren, steigert das Innovationspotenzial“, erläutert Fischer.

Die wichtigste Grundlage ist das gegenseitige Vertrauen

Doch was sind die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Jobsharing? Nach Ansicht der beiden Frauen zunächst mal die Bereitschaft des Ar-beitgebers für ein solches Modell. Die Geschäftsführung des ZfP Reichenau sei von Anfang an aufgeschlossen dafür gewesen. Die wichtigste Grundlage aber ist das gegenseitige Vertrauen. Schließlich sollten die Beteiligten sich auch nicht davor scheuen, gemeinsames Coaching oder Supervision zu nutzen.

Wichtig sei zudem die gleiche Haltung in grundsätzlichen Fragen. „Auch Arbeitshaltung und Werteverständnis sollten zueinander passen“, betont Wolf. Bewährt habe sich außerdem, in bestimmten Bereichen klare Zuständigkeiten festzulegen und diese Verteilung im Laufe der Tätigkeit auch immer wieder zu evaluieren. „Von allen befragten Personen, die bereits im Jobsharing arbeiten, erhielten wir die Empfehlung, insbesondere über Personalfragen und Finanzen gemeinsam zu entscheiden“, erklärt Wolf.

Zentrum für Psychiatrie

Das Zentrum für Psychiatrie Reichenau ist ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Konstanz. Es besteht aus einem psychiatrischen Fachkrankenhaus mit vier Fachgebieten, einer Forensischen Klinik, psychiatrischen Ambulanzen und einem Wohn- und Pflegeheim sowie einem Wiedereingliederungsheim. An den Standorten Reichenau, Konstanz, Singen, Allensbach, Radolfzell, Stockach, Waldshut-Tiengen und Tuttlingen gibt es ein dezentrales psychiatrisches Versorgungsangebot.

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