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Beruf bei der Polizei: Der Notendurchschnitt ist jetzt nicht mehr relevant

Ein Mindestnotenschnitt als Voraussetzung für einen Beruf bei der Polizei muss in Baden-Württemberg nicht mehr erbracht werden. Damit folgt das Land anderen Bundesländern, wo die Zensuren schon länger keine gewichtige Rolle mehr spielen.

Ralf Kusterer, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg, gibt in der Zentrale der Gewerkschaft in Stuttgart ein Interview.

dpa/Bernd Weißbrod)
Wer einen Beruf bei der Polizei anstrebt, muss künftig keinen Mindestnotendurchschnitt mehr vorweisen.

Stuttgart. Motivation, Belastbarkeit, Gewissenhaftigkeit, Teamfähigkeit und Werteorientierung sind für den Polizeiberuf die wichtigsten Voraussetzungen. Und Abschlussnoten von mindestens 3,0 für den gehobenen Dienst und 3,2 für den mittleren Dienst. So war die Regel bislang.

Seit dem 1. September 2024 entfällt nun bei der Einstellung die Vorgabe eines Mindestnotendurchschnitts. Ausschlaggebend bleibt aber weiterhin der Nachweis der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife beziehungsweise der Mittleren Reife.

Bundesweit fordern noch drei Polizeien den Mindestnotenschnitt

Das ist inzwischen auch in den meisten Polizeien der Länder und des Bundes gängige Praxis. Bundesweit geben nur noch das Bundeskriminalamt, die Polizei Hamburg und die Bundespolizei einen Mindestnotenschnitt als Bewerbungsvoraussetzung vor, wie aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Landtagsanfrage der FDP hervorgeht.

Immer wieder kam es der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) zufolge dazu, dass Bewerber herausragende Ergebnisse bei der anspruchsvollen Einstellungsprüfung erreichten, wie der Landesdienst der Deutschen Presseagentur schreibt. „Schon ein Notenschnitt von 3,1 bei dem oft nach der Einstellungsprüfung stattfindenden Schulabschluss stand dann der Einstellung im Wege. In den vergangenen zwei Jahren konnten mehr als 200 Studienplätze nicht vergeben werden“, sagte DPolG-Landeschef Ralf Kusterer.

Im Jahr 1986 hatte das Saarland angesichts des immer größer werdenden Interesses junger Leute am Polizeiberuf eine Art „Numerus clausus“ bei der Einstellung von Polizeibewerbern eingeführt. Bewerber für den Polizeidienst mussten damals mindestens einen Notendurchschnitt von 2,4 bei einem mittleren Bildungsabschluss vorweisen.

Laut Innenministerium haben Schulnoten nur eine sehr begrenzte Aussagekraft und bilden polizeilich relevante Kompetenzen nur gering ab. „Persönliche Fähigkeiten und Motivation stehen im Vordergrund. Besonders aussagekräftig im Hinblick auf die Eignung für den Polizeivollzugsdienst ist der speziell zugeschnittene polizeiliche Auswahltest“, heißt es seitens des Ministeriums.

Der Test umfasst dem Innenministerium zufolge fünf Bereiche und prüft standardisiert Sprachkenntnisse und Wissen, intellektuelle Fähigkeiten sowie Persönlichkeitsmerkmale. In einem strukturierten Auswahlgespräch werden Fragen zur Kompetenz und Motivation an die Bewerbenden gerichtet. Es gibt klare Mindestanforderungen, die erfüllt werden müssen.

Mehr als 34 000 Beschäftigte arbeiten bei der Landespolizei

Bei der Landespolizei Baden-Württemberg sind derzeit insgesamt etwa 34 200 Menschen beschäftigt. Neben den rund 28 500 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten – davon rund 3100 Anwärterinnen und Anwärter – sind ungefähr 5700 weitere Menschen im Bereich des Nichtvollzugsdienstes tätig.

Baden-Württemberg hat heute unter dem Strich 300 Polizisten mehr als 2016 – dem Jahr des Amtsantritts von Innenminister Thomas Strobl (CDU). Bis 2026 sollen es 1000 zusätzliche Polizisten sein.

„Die Herausforderungen, denen unsere Polizistinnen und Polizisten im beruflichen Alltag begegnen, werden immer größer. Wir brauchen gut qualifizierte Menschen und deshalb sollten die Anforderungen nicht weiter gesenkt werden“, sagt Sascha Binder, Innenexperte der SPD-Landtagsfraktion. Vielmehr müsse Innenminister Strobl den Polizeidienst so attraktiv gestalten, „dass mehr Menschen motiviert sind, diesen so wichtigen Beruf zu ergreifen!“

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Julia Goll, sagte: „Obwohl sogar die Anforderungen an schulische Leistungen abgeschafft wurden, stockt Strobls Einstellungsoffensive. Das zweite Jahr in Folge konnten nicht alle ausgeschriebenen Stellen besetzt werden.“

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