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„So viel Mut hat niemand“: Breda Nußbaum sagt ade
STUTTGART. Ihr Lieblingsminister brachte es auf den Punkt: „Wer heißt schon Breda?“ Ja, wer kann das schon von sich behaupten? Reinhold Gall (SPD), der von ihr so hochgelobte ehemalige Innenminister, jedenfalls nicht.
Ebenso wenig wie Gudrun Heute-Bluhm vom Städtetag, der ehemalige Rektor der Hochschule in Kehl, Paul Witt, und Ferdinand Truffner (CDU), Bürgermeister von Empfingen, die neben Gall auf dem Podium saßen und einiges über die scheidende Chefredakteurin des Staatsanzeigers zu berichten wussten.
Sie alle tragen Vornamen, die jeder schon einmal gehört hat. Man kann über alles streiten, auch über die Schönheit von Namen. Über ihre Seltenheit – und Breda, gälisch „die Erhabene“, „die Göttliche“ ist wahrlich selten – nicht. Diejenige, die da im Kursaal in Stuttgart-Bad Cannstatt verabschiedet wurde, trägt nicht nur einen ungewöhnlichen Namen. Sie ist auch sonst eine außergewöhnliche Erscheinung. Es heißt ja immer, man dürfe nicht vom Äußeren eines Menschen auf sein Inneres schließen. Doch bei Breda Nußbaum darf man getrost eine Ausnahme machen. Ihren Mut, ihr Können und ihren Geschmack: Das versteckte sie nicht.
Breda Nußbaum war die einzige Chefredakteurin in Baden-Württemberg und vermutlich auch weit über das Land hinaus, die ihre Kleider ausschließlich selber nähte und nie etwas von der Stange trug. Ihre wallenden Kleider, ihre leuchtenden Farben kündeten von einer Persönlichkeit, der es zwar nie egal war, was die anderen sagen, die aber trotzdem selbstbewusst ihren eigenen Weg ging. Das trug ihr bisweilen Spott ein, wie Gall verriet: „Ist das die Sängerin?“, habe er den ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Drexler gefragt, als er Nußbaum erstmals im Landtag sah. Bürgermeister Truffner berichtete gar, dass seine Gemeinderäte bei ihrem Anblick zuerst an Fasnacht dachten.
Aber auch Bewunderung: Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städtetags, etwa sagte: „So viel Mut hat niemand.“ Dabei sei es Nußbaum nie um Selbstinszenierung gegangen, sondern immer um den Staatsanzeiger. Dabei war der Weg in die Chefredaktion anfangs nicht vorgezeichnet.
Ihr Laudator, Innenminister Thomas Strobl (CDU), erinnerte daran, dass die junge Breda ganz andere Berufsziele im Kopf hatte: Schauspielerin etwa, Professorin, Architektin oder Modedesignerin.
Breda Nußbaum „ging alles nicht schnell genug“
Und anfangs fremdelte Nußbaum auch mit dem neuen Job. Sie musste sich erst an den Gedanken gewöhnen, dass in der öffentlichen Verwaltung manche Dinge etwas länger brauchen. „Mir ging alles nicht schnell genug.“ Das mag damals, vor 30 Jahren, auch für den Staatsanzeiger für Baden-Württemberg gegolten haben – einem Organ, das eher einem Amtsblatt denn einer Zeitung glich. Seither hat sich der Wind jedoch gedreht, und Breda Nußbaum hat daran maßgeblich mitgewirkt.
Im Jahr 2007, als sie das Szepter übernahm, hieß das Blatt gerade bwWoche und war ein Experiment, das nicht die Erwartungen erfüllte, die man in es gesetzt hatte.
Ein Jahr später war die Zeitung an drei baden-württembergische Verleger verkauft und trug einen wohlvertrauten Namen, hatte ansonsten jedoch wenig mit dem verstaubten Vorvorgänger gemein: Staatsanzeiger. In ihrer Abschiedsrede erinnerte die scheidende Chefredakteurin daran, dass die drei Verleger – Tilman Distelbarth von der Heilbronner Stimme, Volker Diesbach von den Weinheimer Nachrichten und Gerhard Ulmer von der Ludwigsburger Kreiszeitung – durchaus Zweifel hatten, „ob es die Neue tatsächlich schafft“. Sie hätten dann aber doch recht schnell erkannt, „dass ich schaffe, was ich unbedingt erreichen will – und wenn das jemand in Zweifel zieht, dann erst recht“.
Als Hochschulbeauftragte auch weiter aktiv für den Staatsanzeiger
Der Relaunch hatte es aber auch in sich. Arbeitszeiten bis drei Uhr morgens in der Früh. Danach ein Nachtessen, zubereitet vom Gatten, der eigens für sie das Kochen erlernt hatte. Am nächsten Morgen saß sie wieder um acht Uhr am Schreibtisch. Dass es künftig ein wenig ruhiger zugeht, ist Nußbaum wohl bewusst. Mit der Frage, wie sie den Ruhestand angehe, tut sie sich aber schwer: „An den Gedanken muss ich mich erst gewöhnen.“ Ganz vorbei ist das Berufsleben jedoch nicht. Sie bleibt Dozentin an den Hochschulen für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg und Kehl und auch Hochschulbeauftragte des Staatsanzeigers. So ganz geht man eben doch nie.