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Energiespartag: Städtische Wohnbaugesellschaft Friedrichshafen spendiert Mietern Kühlschränke
FRIEDRICHSHAFEN. Anna Kemke hat die Gäste schon erwartet. Die 65-Jährige ist seit rund 30 Jahren Mieterin bei der Städtischen Wohnbaugesellschaft (SWG) Friedrichshafen. Fast genauso alt ist ihr Kühlschrank. „Der hätt‘s schon noch getan“, sagt die alleinstehende Seniorin und zeigt auf das bestens gepflegte Gerät. Und doch ist die Freude groß, als „der Neue“ im Flur steht.
Lange überlegen musste sie nicht, als die SWG ihr diesen Tausch vorschlug. „Der neue Kühlschrank hilft auch beim Strom sparen“, streicht Geschäftsführer Jürgen Schipek heraus. Er und Bürgermeister Fabian Müller brachten die ersten beiden von 32 Geräten, die in diesem Jahr verschenkt werden, persönlich bei den Mietern in der Heinrich-Heine-Siedlung in Friedrichshafen vorbei. Auch Familie Genc drei Blöcke weiter nahm den neuen, fast baugleichen Kühlschrank in Empfang, auch wenn ihr alter „nur“ etwas mehr als zehn Jahre auf dem Buckel hat.
Ein Kühlschrank gehört zu den Top-5-Stromfressern
In beiden Haushalten sitzt das Geld nicht so locker. Ein Grund, warum weder Anna Kemke noch Belgin und Nihat Genc an einen Austausch gedacht hätten, solange der alte Kühlschrank gut läuft. Da sie mit dem neuen Gerät Energie und Geld sparen, brauchten sie dann aber nicht lange zu überlegen.
Ein Kühlschrank gehört zu den Top-5-Stromfressern im Haushalt. „Ein Altgerät wie das von Frau Kemke verbraucht 300 bis 350 Kilowattstunden im Jahr. Ein moderner Kühlschrank mit A+++ kommt mit 100 aus“, so Michael Maucher von der Energieagentur Ravensburg, die bei dieser Aktion als Partner dabei war. In Zeiten explodierender Strompreise lohnt sich da eine Neuanschaffung recht schnell. Bei 60 Cent pro Kilowattstunde spart Kemke bis zu 150 Euro Stromkosten pro Jahr.
Energie sparen einfach erklärt
Im Mittelpunkt der Beratung der Städtischen Wohnbaugesellschaft für einkommensschwache Haushalte stehen der Strom- und Wärmeverbrauch sowie einfache und kostengünstige Möglichkeiten, Energie und Kosten einzusparen. Grundlage der Beratung ist in der Regel die Strom- und Nebenkostenabrechnung.
Anhand der Auswertung sehen sich Energieberater oder Stromsparhelfer mit den Mietern an, welche elektrischen Geräte in ihrem Haushalt besonders viel Energie verbrauchen.
Doch wer bezahlt die Kühlschränke? Jürgen Schipek ist stolz darauf, dass sich „seine“ SWG für diese Aktion mit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zusammengefunden hat. Die hat über das Förderprogramm „Energieberatung für einkommensschwache Haushalte“, aufgelegt vom Umweltministerium Baden-Württemberg, rund 15 000 Euro für die erste Tauschaktion in Friedrichshafen locker gemacht, verrät Nadja Barocke, die extra aus Stuttgart angereist ist. Dafür bekommen vorerst 32 Mietparteien mit kleinem Einkommen in diesem Jahr das neue Gerät – ohne Extrakosten.
Die SWG kümmert sich um die Logistik und entsorgt die Altgeräte. Im nächsten Jahr sollen noch einmal 70 Familien von der Aktion profitieren. Voraussetzung ist, dass der alte Kühlschrank mindestens zehn Jahre alt ist. Ein ähnliches Angebot gibt es schon lange. Seit 2008 bieten der Caritasverband (DCV) und der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) gemeinsam den Stromspar-Check an. Den gibt es bundesweit inzwischen in rund 150 Städten und Landkreisen, auch in Baden-Württemberg. Mit dabei sind etwa Stuttgart, Ludwigsburg, Aalen, Karlsruhe, Offenburg oder Konstanz.
Seither haben sich nach Angaben der Caritas bereits über eine Million Menschen bundesweit zum Energiesparen beraten lassen. Dahinter stehen rund 390 000 Haushalte. Das kostenlose Angebot wird seit April vom Bundesumweltministerium weiter gefördert.
60 Beratungen fanden von morgens bis abends statt
Auch der Stromspar-Check unterstützt einkommensschwache Haushalte beim Austausch alter Stromfresser. Allerdings gibt es bei dieser Aktion für den Kauf eines neuen Kühlschranks nur einen Zuschuss von zumeist 100 bis 150 Euro. Dass ein kommunales Wohnungsunternehmen das Heft des Handels in die Hand nimmt und ein Stück weit in Vorleistung geht, ist neu im Land. „Der Strom der Mieter geht uns ja erst einmal nichts an. Aber das ist zu kurz gesprungen“, erklärt Jürgen Schipek die Motivation.
Darum ist die Tausch-Aktion in den ersten Energiespartag eingebettet, den die SWG im Firmengebäude angeboten hat. Die Nachfrage war enorm. 60 Beratungstermine fanden von morgens bis abends im Halb-Stunden-Takt gleich in mehreren Büros statt. Ohne die Experten der Energieagentur hätte das nicht funktioniert. Bei 60 weiteren Mietern fand die Beratung zu Hause statt. „Die Leute bekommen nicht nur gute Ratschläge mit“, so Schipek. Die Verbraucherzentrale hat für jeden Haushalt ein Set mit Energiesparlampen, Standby-Schaltern und Sparduschköpfen im Wert von 70 Euro dabei – ebenfalls kostenlos.
Bei der Einmal-Aktion soll es nicht bleiben. Inzwischen wächst die Warteliste der Mieter, die sich ebenfalls beraten lassen wollen. Oder heiß auf einen neuen Kühlschrank sind. Noch einmal 70 Geräte sollen 2023 getauscht werden.
Quelle/Autor: Katy Cuko