Debatten im Landtag vom 22. und 23. Juli 2020

Regierung muss Landtag bei Corona stärker einbinden

Stuttgart. Fraktionsübergreifend, mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP, hat sich der Landtag über die eigene Stellung in der Bekämpfung der Corona-Pandemie verständigt. Beschlossen wurde ein Gesetz zum Umgang mit Rechtsverordnungen zur Abwehr von Infektionsgefahren nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Landesregierung muss nach zwei Monaten die Zustimmung der Abgeordneten einholen. Zur Wahrung des parlamentarischen Budgetrechts muss […]

Stuttgart. Fraktionsübergreifend, mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP, hat sich der Landtag über die eigene Stellung in der Bekämpfung der Corona-Pandemie verständigt. Beschlossen wurde ein Gesetz zum Umgang mit Rechtsverordnungen zur Abwehr von Infektionsgefahren nach dem Infektionsschutzgesetz.
Die Landesregierung muss nach zwei Monaten die Zustimmung der Abgeordneten einholen. Zur Wahrung des parlamentarischen Budgetrechts muss außerdem das Finanzministerium künftig dem Finanzausschuss über die Verwendung der Corona-Gelder berichten. 
„In den vergangenen Monaten haben wir alles getan, um dem Virus Paroli zu bieten und Tausende zu schützen“, sagte Nicole Razavi, die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion. Bisher sei die Bekämpfung die Stunde der Exekutive gewesen, „jetzt sind wir allerdings in großer Mehrheit der Meinung, dass das Parlament besser eingebunden werden muss“. Notwendig sei eine „neue Balance, die Landesregierung müsse handlungsfähig bleiben, aber das Parlament eine gewichtigere Rolle spielen". Ihr Fraktionskollege Winfried Mack erinnerte daran, dass Baden-Württemberg mit diesem Vorgehen an der Spitze der Länder stehe. Das Gesetz sei bundesweit eine Premiere.

Lucha bedankt sich beim Landtag für die bisherige Zusammenarbeit

Mehr aus dem Landtag vom 22. Juli 2020

„Die demokratischen Verfasstheiten haben diese Krise am besten gelöst“, erklärte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) und bedankte sich beim Landtag für die bisherige Zusammenarbeit. Er sei sehr froh, dass sich die vier Fraktionen zusammengetan hätten, denn „das zeigt, dass wir aufeinander bauen können“. Es werde auch weiterhin Situationen geben, in denen schnell gehandelt werden müsse. Dafür seien die Verfahren jetzt geklärt. Auch Jürgen Filius (Grüne) lobte die konstruktiven Verhandlungen und das Signal der Geschlossenheit an die Bürgerinnen und Bürgern. Das Parlament "stärkt der Exekutive den Rücken, weil wir ihr Handeln transparent machen und nachvollziehbar machen“. Künftig würden alle Verordnungen „in angemessener Weise“ im Landtag diskutiert.
Für die SPD hob Boris Weirauch hervor, wie die Regierung „und die demokratische Opposition im Landtag zusammengefunden haben“. CDU und Grüne seien der SPD und der FDP entgegengekommen. So sei der Zeitraum für die Zustimmung zu Verordnungen durch den Landtag von vier auf zwei Monaten halbiert worden. Besonders wichtig sei seiner Fraktion die Berichtspflicht des Finanzministeriums. In der Praxis angewendet werden die neuen Regelungen bereits in der ersten Sitzung nach der Sommerpause, wenn die Landesregierung die dann geltenden Verordnungen dem Parlament vorlegen wird. 
„Die Einigung zwischen unserer Fraktion und SPD einerseits und den Regierungsfraktionen auf der anderen Seite auf ein gemeinsames Pandemiegesetz war nicht selbstverständlich“, so Nico Weinmann (FDP). Alle Seiten hätten gezeigt, dass sie in der Lage sind, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen und die Regierungsfraktionen „nicht der Versuchung erlegen, den untereinander bereits ausgehandelten Gesetzentwurf mit der eigenen Stimmenmehrheit durchzusetzen“.

Neue Corona-Verordnungen müssen spätestens nach 24 Stunden Landtag vorgelegt werden

Die Umsetzung der Forderung von FDP und SPD habe die Rechte des Landtags und im Ergebnis auch der Bürger erheblich gestärkt. Es sei richtig gewesen, das Gesprächsangebot der Regierungsfraktionen anzunehmen und zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen. Ein großer Erfolg sei, „dass nunmehr klar geregelt ist, dass sämtliche Änderungen der Corona-Verordnungen dem Landtag spätestens 24 Stunden nach dem Kabinettsbeschluss vorgelegt werden“. Weinmann sprach von „einem guten Tag für den Parlamentarismus.“
Allein die AfD scherte aus. Rüdiger Klos sprach von einer „Märchenstunde“ des Parlaments und warf der grün-schwarzen Regierung „Verordnungsdiktatur“ und „massive Eingriffe in die Grundrechte vor“. Es wiederhole sich die Geschichte, die Gefahr gehe immer von den Machthabern aus. Für den Vorwurf „Politikprostitution“, die er den Regierungsfraktionen machte, wurde er von Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) gerügt.

Quelle/Autor: Birgitte Johanna Henkel-Waidhofer

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