Landtag debattiert über EU-Strategie für Energieunion
Stuttgart. Der Landtag hat an diesem Mittwoch über die EU-Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion debattiert. Nach Angaben von Maroš Šefčovič, dem für die Energieunion zuständigen Vizepräsidenten der EU-Kommission ist die Energieunion „das ehrgeizigste europäische Energieprojekt seit der Gründung der Gemeinschaft für Kohle und Stahl“.
Es soll die 28 europäischen Energiemärkte zu einer gemeinsamen Energieunion zusammenschließen. Dadurch soll die Versorgungssicherheit verbessert werden, etwa in dem für mehr Diversität bei der Gasversorgung gesorgt und die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten verringert wird. Weitere Punkte sind mehr Energieeffizienz, ein stärkerer europäischer Verbund mit mehr erneuerbaren Energien und größerer Bedarfsorientierung. Außerdem sollen staatliche Eingriffe in diesen Markt gründlich überprüft werden. Zugleich will die EU dauerhaft zu einer CO2-armen Gesellschaft werden.
Nach Angaben der EU-Kommission ist die EU der größte Energieimporteur weltweit: 53 Prozent der Energie werden eingeführt, die jährlichen Kosten dafür betragen rund 400 Milliarden Euro. Zwölf Mitgliedstaaten erfüllen nicht das Verbundziel der EU, wonach mindestens zehn Prozent der installierten Stromerzeugungskapazität grenzübergreifend verfügbar sein müssen. Sechs Mitgliedstaaten sind bei allen ihren Gasimporten von einem einzigen externen Anbieter abhängig. 75 Prozent der Gebäude in der EU sind nicht energieeffizient; der Verkehr ist zu 94 Prozent von Erdölerzeugnissen abhängig, von denen 90 Prozent importiert werden.
Klimaschutzziele der EU
Zugleich hat die EU nun mit dem Paris-Protokoll eine Blaupause zur Bekämpfung des globalen Klimawandels nach 2020 vorgelegt. Darin werden nicht allein die Klimaschutzziele für die EU fortgeschrieben, sondern auch Anforderungen an die internationale Staatengemeinschaft, insbesondere an die wirtschaftlich stärkeren Nationen. Dies geschieht mit Blick auf die Klimakonferenz Ende November in Paris.
Der Umweltminister von Baden-Württemberg, Franz Untersteller (Grüne), begrüßt die Pläne der EU grundsätzlich. Dennoch werden von seinem Ministerium wie auch von der Mehrheit der Landtagsabgeordneten einige Punkte kritisch gesehen. In einem Beschluss wurde die Landesregierung ersucht, sich gegenüber Bund und EU für bestimmte Änderungen stark zu machen. „Die EU-Rahmenstrategie ist ein guter Vorstoß, aber manches können wir besser“, sagte Bernd Murschel (Grüne). Und er machte auch deutlich, dass das Land diesen Energiemarkt nur unterstützen könne, wenn er sich nicht mit Zielen befasse, „die wir nicht wollen“.
Mittelfristig Ausstieg aus Atomenergie vorbereiten
So hält der Landtag die Bevorzugung der Atomenergie durch das Verschweigen ihrer tatsächlichen Auswirkungen für nicht zielführend. Vielmehr müsse mittelfristig mit den anderen europäischen Staaten der Ausstieg aus der Hochrisikotechnik vorbereitet werden. Die CDU hatte hierzu einen eigenen Antrag eingebracht, der jedoch von der Landtagmehrheit abgelehnt wurde. Darin stellte sie sich auch noch mal ausdrücklich hinter den Atomausstieg, wies jedoch darauf hin, dass Deutschland anderen EU-Partnern einen solchen nicht vorschreiben könne. Deshalb sollte die EU darauf achten, dass, solange andere Länder diese Technologie nutzen, dies auf höchstem Niveau stattfindet, erläuterte Ulrich Lusche (CDU).
Zugleich muss nach Ansicht des Landtags die Klimaschutzstrategie mit Blick auf die erneuerbaren Energien konkretisiert werden. Das Ausbauziel von 27 Prozent bis zum Jahr 2030 wird als zu niedrig angesehen. Zugleich wird kritisiert, dass die nationale Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien erschwert wird. „Uns wäre schon geholfen, wenn die EU den Mitgliedstaaten nicht nur Steine in den Weg legen würde“, sagte Untersteller. So will die EU künftig eine Förderung, wie sie im Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) verankert ist, nicht mehr zulassen. Lediglich Ausschreibungen oder Quotenregelungen sollen möglich sein. Nach Angaben Unterstellers liegen die Preise, die bei den ersten Ausschreibungen im Photovoltaikbereich erzielt wurden, sogar leicht über den EEG-Vergütungen. Dies zeige, dass das EEG-System nicht teurer oder Quote und Ausschreibung kostengünstiger und besser sein müssten.
Ungelöste Fragen bei CCS-Technologie
Auch die CCS-Technologie zur CO2-Abtrennung und Speicherung, die die EU erforschen und fördern will, hält der Landtag in der Mehrheit für weniger zukunftsorientiert und kosteneffizient als von der EU-Kommission dargestellt. „Damit schaffen wir wieder ungelöste Speicherfragen“, sagte Johannes Stober (SPD). Das sah Andreas Glück (FDP) nicht so: CCS könnte für andere Staaten durchaus interessant sein. Deshalb wäre es auch sinnvoll, wenn die EU dort eine Forschungsschwerpunkt setzt.
Außerdem hat sich der Landtag erneut gegen die unkonventionelle Gasförderung mittels Fracking unter Einsatz wassergefährdender Stoffe ausgesprochen.